Gründe

1. Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch den Bundesgerichtshof nach § 36 Nr. 6 ZPO in entsprechender Anwendung (§§ 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. 1672 BGB, vgl. Senatsbeschluß vom 1. Juni 1988 - IVb ARZ 26/88 - FamRZ 1988, 1256) sind nicht erfüllt.

Zwar ist der verfahrenseinleitende Antrag des Vaters (Antragsteller) vom 7. September 1994 der Mutter (Antragsgegnerin) am 16. September 1994 zugestellt worden. Auch haben sich die beiden bisher beteiligten Gerichte im Sinne von § 36 Nr. 6 ZPO "rechtskräftig" für unzuständig erklärt, nämlich das Amtsgericht - Familiengericht - B. durch den dem Vater bekanntgegebenen Beschluß vom 20. September 1994 und das Amtsgericht - Familiengericht - G. durch den beiden Eltern zur Kenntnis gebrachten Beschluß vom 6. Oktober 1994.

Von diesen Gerichten ist jedoch keines für die zu treffende Entscheidung zuständig, was nach § 36 Nr. 6 ZPO Voraussetzung für eine Gerichtsstandsbestimmung ist (vgl. hierzu BGH Beschluß vom 10. August 1994 - X ARZ 689/94, zur Veröffentlichung bestimmt).

2. Eine Zuständigkeit eines der beiden Gerichte ist insbesondere nicht durch eine bindende Verweisung entsprechend § 281 ZPO (vgl. Senatsbeschluß vom 3. November 1993 - XII ARZ 27/93 = BGHR FGG § 36 Nr. 1 Elterliche Sorge 2) begründet worden. Denn beide Gerichte haben die maßgeblichen Beschlüsse - das Amtsgericht G. den Verweisungsbeschluß vom 15. September 1994 und das Amtsgericht B. den Beschluß über die Ablehnung der Übernahme vom 20. September 1994 - ohne Anhörung der Mutter erlassen und damit deren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (BGHZ 71, 69, 72; auch BGH Beschluß vom 26. November 1991 - I ARZ 582/91 = BGHR ZPO § 281 Abs. 2 Satz 5 Bindungswirkung 3).

Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich unter den gegebenen Umständen nach den allgemeinen Vorschriften. Sie richtet sich für ein isoliertes Sorgerechtsverfahren, wie es der Vater hier anhängig gemacht hat, gemäß §§ 621 Abs. 2 Satz 2, 621a Abs. 1 ZPO nach den Vorschriften der §§ 64 i.V.m. 36 Abs. 1, 43 Abs. 1 FGG, die in erster Linie auf den (inländischen) Wohnsitz des Kindes und bei Fehlen eines solchen auf den tatsächlichen Aufenthalt, jeweils im Zeitpunkt der Antragstellung, abstellen. Ein minderjähriges Kind, wie hier die Tochter J., teilt gemäß § 11 BGB den Wohnsitz seiner Eltern, hier also in der bisherigen ehelichen Wohnung in H.. Trennt sich ein Ehegatte von dem anderen unter Begründung eines neuen Wohnsitzes, so vermittelt er dem Kind dadurch einen weiteren Wohnsitz, wenn ihm weiterhin das Personensorgerecht zusammen mit dem anderen Elternteil zusteht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 5. Februar 1992 - XII ARZ 4/92 = BGHR FGG § 36 Abs. 1 Zuständigkeit, örtliche 1 und vom 3. November 1993 - XII ARZ 27/93 = BGHR aaO. Elterliche Sorge 2). Voraussetzung hierfür ist aber die Begründung eines neuen Wohnsitzes durch den getrenntlebenden Elternteil. Daran fehlt es im vorliegenden Fall. Ein weniger als drei Wochen (bis zum 7. September 1994) dauernder Aufenthalt der Mutter in einem Frauenhaus in B. reichte - mangels "ständiger" Niederlassung an diesem Ort (§ 7 BGB; vgl. dazu Senatsbeschluß vom 26. August 1992 - XII ARZ 21/92 = BGHR BGB § 11 Satz 1 Doppelwohnsitz 3) - jedenfalls nicht aus, um dort einen Wohnsitz zu begründen.

3. Zuständig ist daher - nach den bisher mitgeteilten tatsächlichen Verhältnissen - das Gericht, zu dessen Bezirk der Ort H. gehört, in dem der Wohnsitz des Kindes J. am 7. September 1994 nach wie vor begründet war. Das ist das Amtsgericht N.. Da dieses Gericht an dem vorliegenden Verfahren bisher nicht beteiligt war, wird die Sache an das Amtsgericht G. zurückgegeben, damit dieses das Verfahren - gegebenenfalls nach Klarstellung der maßgeblichen Verhältnisse - auf entsprechenden Antrag an das zuständige Amtsgericht verweisen kann (vgl. BGHZ 71, 69, 74 f; Senatsbeschluß vom 21. August 1991 - XII ARZ 17/91 = BGHR FGG § 64k Abs. 3 Zuständigkeit, örtliche 1).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2993308

NJW 1995, 1224

FamRZ 1995, 728

EzFamR BGB § 11 Nr. 12

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