Rz. 315

Besondere Probleme ergeben sich bei der Abrechnung des wirtschaftlichen Totalschadens hinsichtlich der Verwertung und Berechnung der Restwerte. Die Frage, welche Anstrengungen der Geschädigte zu unternehmen hat, um die Restwerte möglichst günstig zu veräußern, ist gem. § 254 BGB zu beurteilen. Gem. § 254 BGB sind zwei Aspekte zu berücksichtigen und zu unterscheiden, nämlich

die Verpflichtung zur Einholung von Angeboten oder das Abwarten eines Angebotes seitens der Versicherung sowie
die zeitliche Grenze der Zumutbarkeit des Wartens mit der Verwertung.

Als Grundsatz gilt: Der Geschädigte muss sich den Restwert entgegenhalten lassen, den der Sachverständige auf dem regionalen Markt ermittelt hat.[357] Nur wenn der VR rechtzeitig vor Veräußerung des Fahrzeugs dem Geschädigten ein verbindliches Restwertangebot übermittelt, das dieser ohne weiteren Aufwand nur noch anzunehmen braucht, muss der Geschädigte sich diesen höheren Restwert anrechnen lassen[358] – es sei denn, der Geschädigte nutzt das Fahrzeug weiter.[359]

 

Rz. 316

Dem Geschädigten verbleibt bei einer Abrechnung auf Basis des Wiederbeschaffungsaufwandes im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB regelmäßig dann ein Risiko, wenn er den Restwert ohne hinreichende Absicherung durch ein eigenes Gutachten realisiert und der Erlös sich später im Prozess als zu niedrig erweist. Will er dieses Risiko vermeiden, muss er sich vor dem Verkauf des beschädigten Fahrzeugs mit dem Haftpflichtversicherer abstimmen oder aber ein eigenes Gutachten mit einer korrekten Wertermittlung einholen, auf dessen Grundlage er die Schadensberechnung vornehmen kann.[360] Dies ist nur dann der Fall, wenn der Sachverständige als ausreichende Schätzgrundlage entsprechend der Empfehlung des 40. Deutschen Verkehrsgerichtstags aus dem Jahr 2002 drei Angebote eingeholt hat und dies für den Geschädigten deshalb erkennbar gewesen ist, weil die Angebote im Gutachten als solche ausgewiesen werden.[361] Andernfalls wird der Geschädigte nicht geschützt und muss sich auf den zutreffenden Restwert aus dem örtlichen Markt verweisen lassen, der ggf. im Prozess durch Einholung eines Sachverständigengutachtens im Auftrag des Gerichts zu bestimmen ist.

[357] BGH NJW 2007, 1243; BGH NJW 1992, 457.
[360] BGH v. 12.7.2005 – VI ZR 132/04, juris (Rn 14).
[361] BGH v. 13.10.2009 – VI ZR 318/08, juris (Rn 10).

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