Rz. 81

Videoüberwachung kann in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Eingriffe in dieses Grundrecht müssen auf ein Parlamentsgesetz zurückgeführt werden können. Auf der einfachen Gesetzesebene kann eine Videoüberwachung das allgemeine Persönlichkeitsrecht sowie das Recht am eigenen Bild verletzen (§§ 823, 1004 BGB; § 22 KunstUrhG).

 

Rz. 82

In die Polizeigesetze der Länder sind zunehmend Regelungen aufgenommen, die eine Videoüberwachung bestimmter öffentlicher Verkehrsräume regeln.[169] Bei der Einführung dieser Videoüberwachung kann sich der Landesgesetzgeber auf seine Gesetzgebungskompetenz für das Polizeirecht als Gefahrenabwehrrecht stützen.[170] Als Maßnahme der Gefahrenvorsorge soll damit im Vorfeld konkreter Gefahren von Straftaten abgeschreckt werden. Darüber hinaus dient die Maßnahme der Steigerung des Sicherheitsgefühls in der Bevölkerung. Dass gleichzeitig ein repressiver Nebenzweck zur Aufklärung von Straftaten erfüllt wird, tritt in den Hintergrund und ist nicht zu beanstanden.[171] Dementsprechend wird diese Videoüberwachung positiv bewertet und für ausgewählte Kristallisations- und Brennpunkte der Straßenkriminalität empfohlen.[172] Neben der Frage nach der Kompetenz der Landesgesetzgeber ist die Videoüberwachung problematisch, weil sie in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG eingreift. Einzelheiten sind aber nach wie vor umstritten.[173]

 

Rz. 83

Neben den Polizei- und Ordnungsgesetzen befasst sich auch das Datenschutzrecht mit der Videoüberwachung öffentlicher Räume. Die Datenschutzgesetze sind als sog. Querschnittsgesetze den thematisch spezielleren Vorschriften nachrangig, wobei es nicht darauf ankommt, ob es um Strafverfolgung oder um Gefahrenabwehr geht.[174] So kann im öffentlichen Raum zur Sicherheit der Benutzer an Bahnhöfen und im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs Videoüberwachung ebenso gerechtfertigt sein, wie an Schwerpunkten der Kriminalität.[175][176]

 

Rz. 84

In Rheinland-Pfalz ist die Thematik der Videoüberwachung durch den Staat jetzt umfassend in § 34 RPDSG[177] geregelt.[178] Dabei wird die Differenzierung zwischen Videobeobachtung (Monitoring) und Videoaufzeichnung ebenso aufgegriffen wie der Einsatz von Videoattrappen.[179] § 34 RPDSG regelt:

Zitat

"(1) Die Überwachung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist in Form der Videobeobachtung (Monitoring) zulässig, soweit dies zur Aufgabenerfüllung oder zur Wahrnehmung des Hausrechts erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Videoüberwachung in Form der Speicherung mittels optisch-elektronischer Einrichtungen erhobener Daten (Videoaufzeichnung) ist nur zulässig, soweit dies zur Abwehr einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder zum Schutz der Funktionsfähigkeit gefährdeter öffentlicher Anlagen und Einrichtungen erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Für die Videoaufzeichnung ist eine Vorabkontrolle nach § 9 Abs. 5 durchzuführen.[180]"

(2) Der Umstand der Beobachtung und die Form der Videoüberwachung sowie die verantwortliche Stelle sind durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen.

(3) Die Verarbeitung von nach Absatz 1 erhobenen oder gespeicherten Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.

(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über eine Verarbeitung entsprechend § 18 zu benachrichtigen.

(5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Verarbeitung entgegenstehen.

(6) Der Einsatz von Attrappen ist unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 S. 1 und des Absatzes 2 zulässig.“

 

Rz. 85

Unterschiedlich sind die landesrechtlichen Regelungen bzgl. des denkbaren Maßnahmenkatalogs.[181] § 27 Abs. 2 SaarlPolG erlaubt offene Bildaufzeichnungen an bestimmten Orten zur Abwehr einer konkreten Gefahr für die öffentliche Sicherheit, worauf durch Schilder oder in sonstiger geeigneter Form hinzuweisen ist. Während z.B. § 21 Abs. 5 PolGBW, § 15a Abs. 1, 2 NWPolG, § 31 Abs. 2 S. 1 BbgPolG, § 8 Abs. 3 HbgPolDVG (Gesetz über die Datenverarbeitung der Polizei) zum einen die Beobachtung bestimmter Örtlichkeiten mittels Bildübertragung und zum anderen die Bildaufzeichnung vorsehen, sehen andere Bundesländer lediglich das Beobachten mittels Bildübertragung vor, die erst unter qualifizierten tatbestandlichen Voraussetzungen in eine Aufzeichnung übergehen dar...

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