Videoüberwachung im Betrieb

Beschäftigtendatenschutz und Videoüberwachung. Damit das für Arbeitgeber keine teure Angelegenheit wird, müssen diese zahlreiche Vorgaben genau beachten und sehr genau abwägen. Dass spezielle Vorschriften dazu fehlen, macht es nicht einfacher.

Grundsätzliches zur Videoüberwachung im Betrieb

Die Nutzung von Videoüberwachungsanlagen im Unternehmen ist weder pauschal verboten noch generell erlaubt; das gilt sowohl für die offene als auch für die heimliche Videoüberwachung.

Erschwerend kommt hinzu, dass es keine speziell auf Videoüberwachung gemünzte Regelung gibt; diese ist allgemein an Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO und im Beschäftigtenverhältnis zusätzlich an § 26 BDSG oder ggf. einer Kollektivvereinbarung zu messen.

Wie so oft kommt es daher auf den Einzelfall und dessen Umstände sowie eine umfassende Abwägung der Interessen an, die miteinander kollidieren. Da die Videoüberwachung mit einer massiven Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung einhergeht, kommt der Interessenabwägung besonderes Gewicht zu. Sie muss stets das einzige in Betracht kommende Mittel sein. Aus der zum Thema ergangenen Rechtsprechung und der Orientierungshilfe der Datenschutzkonferenz v. 17.7.2020 lassen sich nachfolgende Orientierungspunkte herausarbeiten.

Vorangestellt sei, dass eine Einwilligung in die Videoüberwachung praktisch nicht denkbar ist, weil sie kaum freiwillig wäre.

Videoaufnahme ist zudem wörtlich zu nehmen. Eine Aufnahme von Tonspuren ist untersagt und steht als Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes unter Strafe (§ 201 StGB).

Videoüberwachung im nicht-öffentlichen Raum:

Betriebsinhaber können ein Interesse an der Videoüberwachung nicht-öffentlicher Räume haben, wenn es z.B. um die Gewährleistung reibungsloser Produktionsabläufe geht oder der Zutritt unberechtigter Personen zu sensiblen Bereichen verhindert werden soll. Das ist legitim, jedenfalls solange wie die Arbeitsbereiche von Beschäftigten soweit wie möglich ausgeblendet sind.

Rein zum Zweck einer Verhaltens- oder Leistungskontrolle ist die Videoüberwachung nicht zulässig. Tabu sind sensible Bereiche wie Umkleiden, Sanitär-, Pausen-, Sozial- und Aufenthaltsräume.

Der Arbeitgeber darf auch nicht vorbeugend gegen Pflichtverstöße oder Straftaten videoüberwachen. Es bedarf immer erst tatsächlicher Anhaltspunkte, die zu dokumentieren sind.

  • Dabei reicht es, wenn der Arbeitgeber seinem Tatverdacht gegen eine abgrenzbare Arbeitnehmergruppe nachgeht.
  • Es dürfen keine anderen, weniger einschneidenden Mittel zur Verfügung stehen (z.B. stichprobenartige Taschenkontrollen, Abgleich von Personaleinsatzplänen, Kontrolle von Kassenjournalen) und
  • der Einsatz der Kameras muss räumlich und zeitlich beschränkt sein.

Videoüberwachung im öffentlichen Raum:

In öffentlich zugänglichen Räumen mit Publikums- und Kundenverkehr kann der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an einer Videoüberwachung haben, z.B. zur Verhinderung von Kundendiebstählen. Beschäftigte werden dann u.U. als „Beiprodukt“ miterfasst. Bei der Abwägung spielen u.a. folgende Punkte eine Rolle:

  • Überwachung nur ganz bestimmter Bereiche, z.B. Regale mit besonders hochpreisigen Waren und bewusstes Auslassen bestimmter Arbeitsbereiche,
  • einerseits Interesse am Eigentumsschutz des Inhabers,
  • andererseits Warendiebstahl als geschäftstypisches Risiko,
  • keine gezielte Überwachung der Mitarbeiter,
  • je größer der nicht überwachte Rückzugsbereich für Angestellte, desto eher sind die Kameras zulässig.

Beachtung der Mitbestimmungspflicht des Betriebsrats

Die Einführung und Anwendung von Videoüberwachungsanlagen ist mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Sinnvoll ist daher in Unternehmen mit Betriebsräten der Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung.

Umfassende Hinweise, Dokumentation und Rechenschaft bei Videoüberwachung

Auf die offene Videoüberwachung muss auf einem vorgelagerten Hinweisschild hingewiesen werden, das folgende Informationen enthalten muss:

  • Umstand der Beobachtung (z.B. durch ein Kamerasymbolbild oder ein Piktogramm)
  • Identität bzw. Name des für die Videoüberwachung Verantwortlichen im Sinne des Datenschutzrechts
  • Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten (falls vorhanden)
  • Zweck und Rechtsgrundlage der Videoüberwachung
  • Angabe des berechtigten Interesses, sofern die Videoüberwachung auf Art 6 Abs. 1 S. 1 Buchstabe f der DSGVO beruht
  • Angabe der Speicherfrist
  • Sofern eine Datenübermittlung stattfindet, müssen auch die Empfänger der Daten angegeben werden
  • Hinweis auf Zugangsmöglichkeit für weitere Informationen, wie sie nach Art. 12 DSGVO erteilt werden müssen.

Ein Muster für ein regelkonformes Hinweisschild auf eine Videoüberwachung findet sich auf der Website des LDA Bayern.

Ansonsten gelten die allgemeinen, umfassenden Informations-, Dokumentations- und Rechenschaftspflichten. Insbesondere müssen vor Durchführung der Videoüberwachungsmaßnahme ein Verzeichnis von Verarbeitungstätigkeiten erstellt (Art. 30 DSGVO) und eine Datenschutz-Folgenabschätzung abgegeben werden (Art. 35 DSGVO).

Bei heimlicher Videoüberwachung ist ein Hinweisschild kontraproduktiv, ebenso die vorherige Information des Betroffenen. Umso höher sind die Anforderungen an die Zulässigkeit einer solchen Beobachtung. Sie darf nur

  • zur Gefahrenabwehr, zum Erhalt der öffentlichen Sicherheit oder zur Verfolgung einer Straftat eingesetzt werden und
  • ist nur für einen eng bemessenen Zeitraum auf nicht öffentlichem Raum erlaubt.
  • Nach Zweckerreichung sind die Daten schnellstmöglich zu löschen.


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