Rz. 177

 

§ 197 BGB – 30-jährige Verjährungsfrist

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1. Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2. Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3. rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4. Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5. Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6. Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Abs. 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

 

Rz. 178

Ziel der Gesetzesnovelle zum 1.1.2002 war zwar u.a. eine deutliche Reduzierung des Anwendungsbereichs der 30-jährigen Verjährungsfrist, § 197 BGB sieht ausnahmsweise für einige wenige Ausnahmefälle aber weiterhin eine Frist von 30 Jahren vor.

(1) Herausgabeansprüche des Eigentümers

 

Rz. 179

Gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB (§ 197 Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. in der bis 30.6.2013 geltenden Fassung) verjähren Herausgabeansprüche (nicht jedoch Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche,[128] vgl. § 199 Abs. 5 BGB) aus Eigentum und anderen dinglichen Rechten in 30 Jahren.

[128] BT-Drucks 14/6040, S. 105 f.

(2) Vollstreckbare Titel

 

Rz. 180

Für Ansprüche aus vollstreckbaren Titeln (§ 197 Abs. 1 Nr. 4 BGB) ist es entsprechend § 218 Abs. 1 BGB a.F. unverändert bei der Frist von 30 Jahren geblieben.

Rechtskräftig festgestellte Ansprüche (Urteile, insbesondere Feststellungsurteile, Rdn 626 ff.), gerichtliche Vergleiche (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO),[129] vollstreckbare Urkunden (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), Vollstreckungsbescheide, Kostenfestsetzungsbeschlüsse) verjähren gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3, 4, 6 BGB in 30 Jahren.

Gleiches muss auch ohne ausdrückliche gesetzliche Erwähnung bei vertraglicher Ersetzung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils gelten; die Interessenlage wurde durch die Gesetzesnovelle nicht verändert.

Hervorzuheben ist für – auch durch Urteil festgestellte – regelmäßig wiederkehrende Leistungen die seit 1.1.2002 geltende kürzere 3-Jahres-Frist des § 197 Abs. 2 BGB (Rdn 40, 173).

Ferner unterfallen Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, ebenfalls der langen Verjährungsfrist (§ 197 Abs. 1 Nr. 5 BGB).
 

Rz. 181

Die Verjährung für i.S.v. § 197 Abs. 1 Nr. 3–5 BGB festgestellte Ansprüche beginnt nach § 201 BGB mit der formellen[130] Rechtskraft der Entscheidung, der Feststellung im Insolvenzverfahren oder der Errichtung des vollstreckbaren Titels. Die Fälligkeit des Anspruchs (bzw. die Zuwiderhandlung bei Unterlassungsansprüchen) ist nur dann maßgeblich, wenn sie später eintritt. § 201 BGB entspricht der Rechtsprechung zum Beginn der Verjährung nach § 218 BGB a.F.[131]

 

Rz. 182

Die Rechtskraft eines Urteiles kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach dem Tag der Verkündung eintreten, so u.a.[132]

beim (ersten) Versäumnisurteil mit Ablauf der Einspruchsfrist (§ 339 Abs. 1 ZPO),
bei streitigen Urteilen erst mit Ablauf der Rechtsmittelfrist (Monatsfrist, §§ 705, 517 ZPO),
bei Urteil des OLG mit Ablauf der Revisionsfrist (§ 548 ZPO) oder der Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 1 ZPO),
bei Urteil des BGH bereits mit der Verkündung (§ 310 ZPO).
[129] LG Neuruppin v. 2.9.2016 – 5 O 157/15 – BeckRS 2016, 17530 = juris (Wurde zur Regulierung eines Unfallschadens ein gerichtlicher Vergleich zwischen Schädiger und Geschädigtem geschlossen, in dem eine Haftung anerkannt und eine Haftungsquote vereinbart wurde, kann ein Streit über die mögliche Verjährung der Ansprüche mangels Feststellungsinteresse nicht im Wege der Feststellungsklage ausgetragen werden. Es gehört auch derjenige Teil zum Titel, der eine nicht bezifferte Haftung für Zukunftsschäden regelt, so dass auch für diese Vereinbarung eine 30-jährige Verjährung gilt; vgl. §§ 197 Abs. 1 Nr. 3, 4, 794 ZPO).
[130] BT-Drucks 14/6040, S. 106.
[131] BT-Drucks 14/6040, S. 109.
[132] Zu Einzelheiten siehe Zöller-Seibel, 32. Aufl. 2018, § 705 ZPO Rn 5 ff.

(3) § 199 Abs. 2–5 BGB

 

Rz. 183

 

§ 199 BGB – Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen

(1) …

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) 1Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1. ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.

ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehun...

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