Rz. 54

Die Möglichkeit, Folgesachen aus dem Verbund abzutrennen und getrennt zu entscheiden, ist in § 140 FamFG zusammenfassend geregelt.

 

§ 140 FamFG

"(1) Wird in einer Unterhaltsfolgesache oder Güterrechtsfolgesache außer den Ehegatten eine weitere Person Beteiligter des Verfahrens, ist die Folgesache abzutrennen."

(2) Das Gericht kann eine Folgesache vom Verbund abtrennen. Dies ist nur zulässig, wenn

1. in einer Versorgungsausgleichsfolgesache oder Güterrechtsfolgesache vor der Auflösung der Ehe eine Entscheidung nicht möglich ist,
2. in einer Versorgungsausgleichsfolgesache das Verfahren ausgesetzt ist, weil ein Rechtsstreit über den Bestand oder die Höhe eines Anrechts vor einem anderen Gericht anhängig ist,
3. in einer Kindschaftsfolgesache das Gericht dies aus Gründen des Kindeswohls für sachgerecht hält oder das Verfahren ausgesetzt ist,
4. seit der Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags ein Zeitraum von drei Monaten verstrichen ist, beide Ehegatten die erforderlichen Mitwirkungshandlungen in der Versorgungsausgleichsfolgesache vorgenommen haben und beide übereinstimmend deren Abtrennung beantragen oder
5. sich der Scheidungsausspruch so außergewöhnlich verzögern würde, dass ein weiterer Aufschub unter Berücksichtigung der Bedeutung der Folgesache eine unzumutbare Härte darstellen würde, und ein Ehegatte die Abtrennung beantragt.

(3) Im Fall des Absatzes 2 Nr. 3 kann das Gericht auf Antrag eines Ehegatten auch eine Unterhaltsfolgesache abtrennen, wenn dies wegen des Zusammenhangs mit der Kindschaftsfolgesache geboten erscheint.

(4) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 4 und 5 bleibt der vor Ablauf des ersten Jahres seit Eintritt des Getrenntlebens liegende Zeitraum außer Betracht. Dies gilt nicht, sofern die Voraussetzungen des § 1565 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegen.

(5) Der Antrag auf Abtrennung kann zur Niederschrift der Geschäftsstelle oder in der mündlichen Verhandlung zur Niederschrift des Gerichts gestellt werden.

(6) Die Entscheidung erfolgt durch gesonderten Beschluss; sie ist nicht selbstständig anfechtbar.“

 

Rz. 55

Wird eine Folgesache des § 137 Abs. 2 FamFG abgetrennt, so bleibt sie auch nach Abtrennung Folgesache; der Verbund besteht insoweit fort (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG. Dies gilt nach einer Entscheidung des BGH[49] auch für die Folgesache Versorgungsausgleich, die im Falle einer Abtrennung grundsätzlich Folgesache bleibt; dabei komme es nicht darauf an, ob es sich um Verfahren nach neuem oder altem Recht (Rechtslage vor bzw. nach dem 1.9.2009) handle. Eine Ausnahme gilt lediglich für Versorgungsausgleichsverfahren, die nach Art. 111 Abs. 4 FGG-RG als selbstständige Familiensache nach neuem Recht fortzuführen sind. Hinsichtlich der jeweiligen Übergangsvorschriften des Art. 111 FGG-RG wird auf Rdn 48 oben verwiesen; zum Übergangsrecht bei Änderungen des RVG siehe § 1 Rdn 51 ff. in diesem Werk.

 

Rz. 56

Nach § 21 Abs. 3 RVG sind das fortgeführte Verfahren und das frühere Verfahren dieselbe Angelegenheit, wenn eine Folgesache als selbstständige Familiensache fortgeführt wird.

Zur Begründung von § 21 Abs. 3 RVG hat der Gesetzgeber auf § 6 Abs. 2 FamGKG verwiesen. Dort heißt es:[50]

Zitat

"Der zusätzlich in Absatz 1 eingefügte Satz 2 soll die Abgabe nach § 4 FamFG der Verweisung gleichstellen. Damit wird sichergestellt, dass die Gebühren auch im Fall der Abgabe an ein anderes Gericht nur einmal entstehen. Der ebenfalls zusätzlich aufgenommene Absatz 2 soll den Fall regeln, dass eine Folgesache, z.B. durch Abtrennung von der Scheidungssache, als selbstständige Familiensache fortgeführt wird. Die selbstständige Familiensache soll so behandelt werden als sei sie nie im Verbund gewesen. Dies bedeutet, dass diese Sache bei der Gebührenberechnung des Scheidungsverfahrens unberücksichtigt bleibt. Werden Folgesachen abgetrennt, aber nach § 137 Abs. 5 Satz 1 FamFG als Folgesache fortgeführt, sollen Scheidung und Folgesachen als einheitliches Verfahren abgerechnet werden."

 

Rz. 57

 

Beispiel

Es wurde im Dezember 2022 Scheidung beantragt, nachdem die Beteiligten seit November 2021 getrennt leben. Die Durchführung des Versorgungsausgleichs zieht sich wegen ungeklärter Konten mehr als 8 Monate in die Länge. Beide Ehegatten haben alle Mitwirkungshandlungen erfüllt. Sofern die Ehegatten nun die Abtrennung der Folgesache VA beantragen, ist dies möglich, da alle Voraussetzungen erfüllt sind.

 

Rz. 58

 

Beispiel

Scheidung wurde im Dezember 2022 beantragt, nachdem die Beteiligten seit November 2021 getrennt leben. Wegen der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bewertung des Betriebes des Ehemannes verzögert sich die Scheidung immens. Auskunftsverpflichtungen des Gerichts kommt der Antragsgegner ebenfalls nicht regelmäßig und auch nicht zeitnah nach. Im Januar 2023 beantragt schließlich die Antragstellerin die Abtrennung der Folgesache Zugewinnausgleich. Die Voraussetzungen dürften hier gegeben sein. Insofern kann auf bisher ergangene Rechtsprechung zurückgegriffen werden.[51] In der Praxis wird daher eine Abwäg...

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