Rz. 681

Die Möglichkeit, Folgesachen aus dem Verbund abzutrennen und getrennt zu entscheiden, wurde in § 140 FamFG zusammenfassend geregelt. Der Gesetzgeber hat hierbei einige Erleichterungen für die Abtrennung geschaffen.

 

Rz. 682

Hinsichtlich der Abtrennung einer Folgesache aus dem Verbund werden folgende Fallkonstellationen unterschieden:

1. Eine Folgesache wird abgetrennt und nicht als Folgesache fortgeführt, sondern als selbstständiges Verfahren. Folge: Das Verbundverfahren wird ohne die abgetrennte – nun als isoliertes Verfahren fortgeführte – Sache abgerechnet. Zudem erfolgt eine gesonderte Abrechnung des abgetrennten Verfahrens als isoliertes Verfahren.
2. Eine Folgesache wird abgetrennt und trotz Abtrennung als Folgesache fortgeführt. Die Abrechnung erfolgt einheitlich als Verbund- mit Folgesache.
 

Rz. 683

 

Beispiel

Rechtsanwalt Z reicht im Januar 2023 einen Antrag auf Scheidung der Ehe beim zuständigen Familiengericht ein; der Versorgungsausgleich wird als Folgesache im Zwangsverbund ebenfalls anhängig. Daneben wird im Mai 2023 die elterliche Sorge als Folgesache anhängig gemacht und die Einbeziehung in den Verbund beantragt. Das Familiengericht hat den Wert der Ehesache auf 9.000,00 EUR festgesetzt, den des Versorgungsausgleichs auf 1.000,00 EUR. Bevor ein Termin stattfindet, wird die Folgesache Sorgerecht abgetrennt (§ 137 Abs. 5 S. 2 FamFG = Sorgerecht wird als selbstständiges Verfahren fortgeführt, § 21 Abs. 3 RVG).

Der Scheidungsbeschluss mit Durchführung des Versorgungsausgleichs ergeht im Juli 2023; über das Sorgerecht wird im Oktober 2023 durch gesonderten Beschluss entschieden.

Vor Abtrennung der Folgesache Sorgerecht sind im Verbund entstanden:

 
Gegenstandswert:    

Ehesache:

Versorgungsausgleich:

9.000,00 EUR

1.000,00 EUR

§§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 43 FamGKG

§§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG
Sorgerecht im Verbund: 1.800,00 EUR §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG
Summe 11.800,00 EUR § 22 Abs. 1 RVG
 

1,3 Verfahrensgebühr aus 11.800,00 EUR

Nr. 3100 VV RVG
865,80 EUR
Auslagen, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 885,80 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 168,30 EUR
Summe 1.054,10 EUR

Nach Abtrennung der Folgesache Sorgerecht – Fortführung als selbstständige Familiensache – Abrechnung aus höherem Wert:

Gegenstandswert: 4.000,00 EUR, §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG

 

1,3 Verfahrensgebühr

Nr. 3100 VV RVG
361,40 EUR

Abzüglich anteilig abzuziehender Mehrbetrag aus Abrechnung

des Verbundverfahrens (vgl. Nebenrechnung): ./.
67,60 EUR
Zwischensumme 221,00 EUR

zzgl. Auslagen

Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
Zwischensumme 293,80 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 55,82 EUR
Summe 349,62 EUR

Nebenrechnung:

1,3 Verfahrensgebühr aus 11.800,00 EUR
865,80 EUR

Abzüglich 1,3 Verfahrensgebühr aus 10.000,00 EUR

(= ohne Wert Sorgerecht im Verbund) ./.
798,20 EUR
Summe 67,60 EUR

Hinweis: Neben den obigen Betriebsgebühren können natürlich je nach Fallgestaltung auch die Termins- und Einigungsgebühr entstehen. Im vorstehenden Beispiel ging es um die Darstellung der Verfahrensgebühren. Wichtig: Wegen § 21 Abs. 3 RVG darf aus dem Wert des Sorgerechts die Verfahrensgebühr nicht zweimal abgerechnet werden (aus dem addierten Wert des Verbundes und isoliert). Der Anwalt muss sich entscheiden und wird vernünftigerweise die Abrechnungsmethode wählen, die ihm höhere Gebühren einbringt.

Zum Gegenstandswert siehe § 4 Rdn 302 ff., 537, 593 u. 471 ff. in diesem Werk.

 

Rz. 684

Muster 80: Musterrechnung 5.80: Ehesache mit Folgesache Versorgungsausgleich – Abtrennung

 

Musterrechnung 5.80: Ehesache mit Folgesache Versorgungsausgleich – Abtrennung

Rechtsanwalt Z reicht im Januar 2022 einen Antrag auf Scheidung der Ehe beim zuständigen Familiengericht ein; der Versorgungsausgleich wird als Folgesache im Zwangsverbund ebenfalls anhängig. Im Laufe des Verfahrens wird im Termin zur mündlichen Verhandlung der Versorgungsausgleich abgetrennt (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG = VersA bleibt Folgesache). Der Scheidungsbeschluss ergeht im Mai 2022, über den Versorgungsausgleich wird im November 2022 entschieden. Das Familiengericht hat den Wert der Ehesache auf 12.500,00 EUR festgesetzt und den des Versorgungsausgleichs auf 1.000,00 EUR.

 
Gegenstandswert:    
Ehesache: 12.500,00 EUR §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 43 FamGKG
Versorgungsausgleich: 1.000,00 EUR §§ 23 Abs. 1 S. 1 RVG, 50 FamGKG
Summe 13.500,00 EUR § 22 Abs. 1 RVG
 

1,3 Verfahrensgebühr aus 13.500,00 EUR

Nr. 3100 VV RVG
933,40 EUR

1,2 Terminsgebühr aus 13.500,00 EUR

Nr. 3104 VV RVG
861,60 EUR
Auslagenpauschale, Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme 1.815,00 EUR
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV RVG 344,85 EUR
Summe 2.159,85 EUR

Hinweis: Der Versorgungsausgleich bleibt im Verbund. Ist am Ende auch über den Versorgungsausgleich entschieden, kann die Endabrechnung einheitlich als eine gebührenrechtliche Angelegenheit abgerechnet werden. Davon unberührt bleibt natürlich das Vorschussrecht nach § 9 RVG.

Zu den Gegenstandswerten siehe § 4 Rdn 302 ff. u. 537 ff. in diesem Werk.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge