Rz. 254

Der sich nach Abzug der Bodenwertverzinsung ergebende Reinertrag des Gebäudes ist mit einem aus der Anlage 21 des Bewertungsgesetzes abzulesenden Vervielfältiger zu kapitalisieren, der vom Liegenschaftszinssatz und der Restnutzungsdauer des Gebäudes abhängt (§ 185 Abs. 3 S. 1 BewG).[382]

Auszug aus Anlage 21 zum BewG:

 
Liegenschaftszins 5,00 v.H. 5,50 v.H. 6,00 v.H. 6,50 v.H.
Restnutzungsdauer            
20 12,46 11,95 11,47 11,02
40 17,16 16,05 15,05 14,15
60 18,93 17,45 16,16 15,03
70 19,34 17,75 16,38 15,20
 

Rz. 255

Die Restnutzungsdauer bestimmt sich wiederum aus der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer und dem Baujahr des Gebäudes.[383] Die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer wird typisierend nach der Gebäudeart im Bewertungsgesetz (Anlage 22) vorgegeben. Darin werden beispielsweise folgende wirtschaftliche Nutzungsdauern festgelegt:

 
Wirtschaftliche Nutzungsdauer für Mindest-Restnutzungsdauer (30 v.H. der wirtschaftlichen Nutzungsdauer)
70 Jahre

Ein- und Zweifamilienhäuser

Mietwohngrundstücke

Wohnungseigentum
21 Jahre
70 Jahre

Geschäftsgrundstücke, gemischt genutzte Grundstücke (Wohn- und Gewerbefläche)

Veranstaltungsgebäude (Sakralbauten)
21 Jahre
60 Jahre

Büro-/Verwaltungsgebäude

Bankgebäude

Hotels
18 Jahre
50 Jahre

Kaufhäuser

Wohnheim, Alten-/Pflegeheime
15 Jahre
40 Jahre

Hotels

Krankenhäuser

Parkhäuser, Tiefgaragen

Industriegebäude, Lager
12 Jahre
30 Jahre Verbrauchermärkte, Autohäuser, Reithallen 9 Jahre
 

Rz. 256

Sofern nach der Bezugsfertigkeit des Gebäudes Veränderungen eingetreten sind, die die wirtschaftliche Gesamtnutzungsdauer des Gebäudes verlängert oder verkürzt haben, ist von einer der Verlängerung oder Verkürzung entsprechenden Restnutzungsdauer auszugehen. Dabei beträgt die Restnutzungsdauer eines noch genutzten Gebäudes mindestens 30 v.H. der wirtschaftlichen Gesamtnutzungsdauer (§ 185 Abs. 3 S. 5 BewG).[384] Eine Verlängerung der Restnutzungsdauer ist nur dann anzunehmen, wenn in den letzten zehn Jahren durchgreifende Modernisierungen vorgenommen wurden, die nach einem Punktesystem zu beurteilen sind und zu dem Ergebnis führen können, dass eine überwiegende oder umfassende Modernisierung erfolgt ist. Interessant ist hierbei, dass nur Modernisierungen innerhalb der letzten zehn Jahre betrachtet werden.[385]

 

Rz. 257

Nach dem von der Finanzverwaltung vorgesehenen Punktesystem sind Modernisierungsarbeiten daraufhin zu überprüfen, ob einzelne Elemente eines Gebäudes einer Modernisierung unterzogen wurden. Folgende Modernisierungselemente führen nach R B 185.3 Abs. 4 Tabelle 1 ErbStR 2019 zu folgenden Punktwerten:

 
Modernisierungselemente Punkte
Dacherneuerung inkl. Verbesserung der Wärmedämmung 4
Verbesserung der Fenster und Außentüren 2
Verbesserung der Leitungssysteme (Strom, Gas, Wasser, Abwasser) 2
Verbesserung der Heizungsanlage 2
Wärmedämmung der Außenwände 4
Modernisierung des Innenausbaus, z.B. Decken und Fußböden 2
Wesentliche Änderung und Verbesserung der Grundrissgestaltung 2

Die einzelnen Elemente werden, falls sie einer Modernisierung unterzogen worden sind, mit entsprechenden Punkten bewertet. Ergibt sich in der Addition, dass Modernisierungsarbeiten innerhalb der letzten zehn Jahre zu einer Summe zwischen 14 bis 16 Punkten bzw. zu mehr als 17 Punkten geführt haben, so gilt das Gebäude als überwiegend bzw. umfassend modernisiert.[386] Je nachdem, wie hoch die übliche Gesamtnutzungsdauer eines Gebäudes ist, wirken sich Modernisierungen nach der Meinung der Finanzverwaltung unterschiedlich aus. Details ergeben sich aus R B 185.3 Abs. 4 Tabelle 2 bis Tabelle 6 ErbStR 2019.

 

Rz. 258

Eine Verkürzung der Restnutzungsdauer wird in der Regel ausgeschlossen. Sie kommt allerdings dann in Betracht, wenn beispielsweise eine bestehende Abbruchverpflichtung für das Gebäude besteht.[387] Baumängel und Bauschäden oder wirtschaftliche Gegebenheiten führen zu keiner Verkürzung der Restnutzungsdauer.[388]

 

Rz. 259

Sehr häufig wird es in der Praxis der Fall sein, dass Grundstücke mit mehreren Gebäuden bzw. Gebäudeteilen bebaut sind, die sich mit einer gewissen Selbstständigkeit voneinander unterscheiden. Dies kann daran liegen, dass sie eine verschiedene Bauart aufweisen, unterschiedlich genutzt werden oder in verschiedenen Jahren bezugsfertig geworden sind. In diesen Fällen ist eine gewogene Restnutzungsdauer zu ermitteln.[389] In der Regel wird die gewogene Restnutzungsdauer ermittelt, indem die Restnutzungsdauern der einzelnen Gebäudeteile jeweils mit ihren zugehörigen Roherträgen gewichtet werden.[390] Die Ermittlung der Restnutzungsdauer erfolgt dann nach folgender Formel:

RND = Restnutzungsdauer

RoG = Rohertrag des Gebäudes

Falls jedoch die Roherträge der einzelnen Gebäudeteile nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand ermittelt werden können, so kann die Restnutzungsdauer auch aus den anteiligen Wohn- bzw. Nutzungsflächen ermittelt werden.[391]

 

Rz. 260

Die Restnutzungsdauer eines Anbaus entspricht in der Regel der des Hauptgebäudes. Wenn jedoch davon auszugehen ist, dass der A...

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