Rz. 123

Gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klage einen bestimmten Antrag enthalten. Durch das Erfordernis eines bestimmten Antrages wird der Streitgegenstand festgelegt sowie dem Entscheidungsspielraum des Gerichts gem. § 308 ZPO Grenzen gesetzt. Dieses Bestimmtheitserfordernis ist Ausfluss der den Zivilprozess beherrschenden Dispositionsmaxime, wonach es den Parteien vorbehalten bleibt, den Umfang eines Prozesses durch die gestellten Anträge selbst zu bestimmen. Das Fehlen eines bestimmten Antrages macht die Klage unzulässig.

 

Rz. 124

Ein Klageantrag ist hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis erkennbar abgrenzt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung erkennen lässt, das Risiko des Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeiten auf den Beklagten abwälzt und die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt.[156]

 

Rz. 125

Die Formulierung des Antrages hat sich an dem verfolgten Rechtsschutzziel zu orientieren.

 

Rz. 126

Abhängig vom jeweiligen Rechtsschutzziel unterscheidet man nach verschiedenen Klagearten:

[156] Vgl. BGH MDR 1991, 505; Beispiele bei Roth, JZ 2009, 194.

1. Leistungsklage

 

Rz. 127

In der Praxis am häufigsten ist die Leistungsklage. Sie dient zur Durchsetzung eines materiell-rechtlichen Anspruches des Klägers mittels der Zwangsvollstreckung. Die geschuldete Handlung kann in einem Tun, wie z.B. einer Geldzahlung, der Abgabe einer Willenserklärung, der Herausgabe einer Sache bzw. sonstigen Handlungen, oder in einem Unterlassen bestehen.

2. Feststellungsklage

 

Rz. 128

Feststellungsklagen sind auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung oder auf Feststellung der Unechtheit einer Urkunde gerichtet. Im Gegensatz zum Leistungsurteil enthält das Feststellungsurteil keinen unmittelbaren Leistungsbefehl an den Schuldner, sondern erschöpft sich in einer deklaratorischen Feststellung. Es ist daher – mit Ausnahme der Kostenentscheidung – der Zwangsvollstreckung nicht zugänglich. Voraussetzung für eine Feststellungsklage ist ein besonderes Feststellungsinteresse (vgl. hierzu Rdn 176). Das festzustellende Rechtsverhältnis muss so genau bezeichnet werden, dass über dessen Identität und Umfang der Rechtskraft des Begehrens keine Ungewissheit herrschen kann.[157]

 

Rz. 129

 

Hinweis

Der Übergang von der Feststellungsklage zur Leistungsklage stellt keine Klageänderung dar, § 264 Nr. 2 ZPO.[158]

[157] Vgl. BGHZ 173, 71; Roth, JZ 2009, 194.
[158] Vgl. BGH NJW 1992, 2296; 1994, 2896.

3. Gestaltungsklage

 

Rz. 130

Durch eine Gestaltungsklage strebt der Kläger die Begründung oder Änderung eines Rechtsverhältnisses durch Urteil an.

 

Rz. 131

Diese Einwirkung ist oft den Parteien alleine nicht möglich, sondern dem Gericht vorbehalten, wie z.B. Anträge auf Scheidungen oder Aufhebungen der Ehe (§§ 1314, 1564 BGB), Vaterschaftsanfechtung (§ 1599 Abs. 1 BGB) und Erbunwürdigkeit (§ 2340 BGB). In anderen Fällen ist die umgestaltende Wirkung dem Gericht dort überlassen, wo ihr Ergebnis privatautonom zwar erreichbar wäre, aber verweigert wird, z.B. bei Bestimmung der Leistung (§§ 315 Abs. 3 S. 2, 319 Abs. 1 S. 2, 2048 S. 3 BGB), bei Herabsetzung von Vertragsstrafe oder Maklerlohn (§§ 343 Abs. 1 S. 1, 655 S. 1 BGB), bei Auflösung von OHG und KG (§§ 133 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB), bei Klagen auf Ausschluss eines Gesellschafters (§ 140 Abs. 1 HGB) und bei der Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung einer AG (vgl. § 241 Nr. 5 AktG) bzw. von solchen der Generalversammlung einer Genossenschaft (§ 51 GenG).

 

Rz. 132

Eine weitere Gruppe der Gestaltungsklagen bilden die prozessualen Gestaltungsklagen, z.B. auf Erklärung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung (§§ 767, 771 ZPO) und auf Beseitigung der Vollstreckungsklausel (§ 768 ZPO).[159]

 

Rz. 133

Da das Urteil auf eine unmittelbare Änderung der Rechtsverhältnisse gerichtet ist, wirkt es im Gegensatz zu Leistungs- und Feststellungsurteilen nicht nur unter den Parteien, sondern gegenüber jedermann.

[159] Vgl. hierzu Goebel, AnwaltFormulare Zwangsvollstreckung.

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