Rz. 276

Während des Laufes des Prozesses kann sich aus verschiedenen Gründen eine Situation ergeben, die eine Auswechselung der Parteien erforderlich macht. Für bestimmte Fälle, z.B. bei Tod einer Partei, Eröffnung des Insolvenzverfahrens, bei Veräußerung oder bei Abtretung der Streitsache, Veräußerung eines Grundstückes, trifft die ZPO hierfür spezielle Regelungen.[284]

 

Rz. 277

Darüber hinaus kommt ein sogenannter gewillkürter Parteiwechsel in Betracht, z.B. wenn andernfalls die Klage zu scheitern droht, weil sich herausstellt, dass z.B. nicht der Kläger, sondern ein Dritter Inhaber des eingeklagten Anspruches ist, oder wenn der Kläger eine falsche Partei verklagt hat. Ein solcher gewillkürter Parteiwechsel liegt vor, wenn anstelle der bisherigen Partei eine neue Person als Partei in den Prozess eintritt.[285]

 

Rz. 278

 

Hinweis

Von einem Parteiwechsel ist eine Parteiberichtigung zu unterscheiden. Soweit eine der Parteien nur ungenau oder falsch bezeichnet wurde, kann dies im Laufe des Rechtsstreites ohne Weiteres berichtigt werden. An eine Parteiberichtigung ist vor allem zu denken, wenn in der Klageschrift Vornamen oder Firmenbezeichnungen oder die Rechtsform einer Gesellschaft falsch angegeben waren.[286] Die in der Klageschrift bezeichnete Partei muss jedoch mit der tatsächlich gemeinten Partei identisch sein.[287] Da eine Parteiberichtigung lediglich zur Richtigstellung der Parteibezeichnung führt, wird hierdurch die Einhaltung von Fristen, z.B. zur Verjährungshemmung nicht berührt.

 

Rz. 279

Eine gewillkürte Parteiänderung wird von der Rechtsprechung grundsätzlich als Klageänderung behandelt.[288] Hierbei ergeben sich folgende Fallkonstellationen:

[284] Vgl. §§ 239, 240, 265, 266, 75 ff. ZPO.
[285] S. Muster Rdn 340.
[286] Vgl. BGH NJW 1993, 2448.
[287] Vgl. BGH NJW 1988, 1585.
[288] Vgl. BGHZ 65, 264.

a) Parteiwechsel auf Klägerseite

 

Rz. 280

Der Parteiwechsel auf Klägerseite erfolgt durch eine Anzeige des bisherigen Klägers sowie die Erklärung des neuen Klägers, dass er den Prozess fortführt. Der alte Kläger scheidet nach den Grundsätzen der Klagerücknahme aus dem Rechtsstreit aus. Soweit bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, ist die Zustimmung des Beklagten gem. § 269 Abs. 1 ZPO erforderlich.

 

Rz. 281

 

Tipp

Verweigert der Beklagte die erforderliche Zustimmung, kann sich der alte Kläger am billigsten aus der Affäre ziehen, indem er auf den eingeklagten Anspruch gem. § 306 ZPO verzichtet.

 

Rz. 282

Alternativen zum Klägerwechsel können je nach der Fallgestaltung eine Abtretung der Forderung an den Kläger oder eine Ermächtigung des Klägers zur Prozessführung sein.

 

Rz. 283

 

Hinweis

Der neue Kläger übernimmt den Prozess in der Lage, in dem ihn der frühere Kläger hinterlassen hat. An Geständnisse des früheren Klägers ist er gebunden, verspätetes Vorbringen bleibt verspätet, Beweisaufnahmen werden nicht wiederholt. Soweit sich hieraus Nachteile für den neuen Kläger ergeben, ist zur Klagerücknahme und der Erhebung einer neuen Klage zu raten.

b) Parteiwechsel auf Beklagtenseite

 

Rz. 284

Der Wechsel des Beklagten erfordert eine entsprechende Erklärung des Klägers. Wenn bereits mündlich verhandelt wurde, bedarf es gem. § 269 Abs. 1 ZPO der Zustimmung des alten Beklagten.[289]

 

Rz. 285

Der neue Beklagte tritt in erster Instanz unmittelbar in den Rechtsstreit ein, ohne dass es seiner Zustimmung bedarf. In der zweiten Instanz bedarf es einer Zustimmung des neuen Beklagten. Die Verweigerung der Zustimmung des neuen Beklagten ist unbeachtlich, wenn sie rechtsmissbräuchlich ist.[290]

 

Rz. 286

Der neue Beklagte ist an die bisherige Prozesslage nur gebunden, wenn er dem Beklagtenwechsel zugestimmt hat. Widerspricht er und lässt das Gericht den Beklagtenwechsel als sachdienlich zu, so ist er in seinen Verteidigungsmitteln nicht beschränkt.

 

Rz. 287

 

Hinweis

Als Alternative zum Beklagtenwechsel kommen die Klagerücknahme und eine neue Klage gegen den neuen Beklagten in Betracht.

[289] Vgl. BGH NJW 1981, 989.
[290] Vgl. BGH NJW 1976, 239; 1981, 989.

c) Parteierweiterung

 

Rz. 288

Darüber hinaus kommen Parteierweiterungen, in dem neue Parteien neben den bisherigen Parteien mit in den Rechtsstreit einbezogen werden, in Betracht. Eine solche Parteierweiterung ist grundsätzlich zulässig. Eine Parteierweiterung auf Klägerseite erfolgt durch Erklärung des bisherigen Klägers und Beitrittserklärung des neuen Klägers. Einer Zustimmung des Beklagten bedarf es in der ersten Instanz nicht. Ebenso kann der Kläger ohne Weiteres eine weitere Person verklagen. Der alte und der neue Beklagte brauchen in der ersten Instanz nicht zuzustimmen. In der zweiten Instanz ist eine Parteierweiterung nur nach Maßgabe des § 533 ZPO zulässig.

 

Rz. 289

 

Tipp

An Parteierweiterungen ist z.B. zu denken, wenn ein Titel gegen mehrere Personen erwirkt werden kann (z.B. bei bestehender Mithaftung) oder um vom Prozessgegner benannten Zeugen die Zeugenstellung zu nehmen (z.B. im Verkehrsunfallprozess, bei Klageerweiterung gegen den Fahrzeugführer). Die Parteierweiterung ist auch im Wege der Drittwiderklage möglich!

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