Rz. 56

Schließen die Parteien einen Vergleich über Hauptsache und vorgerichtliche Kosten und ergibt sich aus dem Vergleich nicht eindeutig, inwieweit die Geschäftsgebühr dabei in der Vergleichssumme enthalten sein soll, kommt eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht.[20]

 

Beispiel 32: Anrechnung bei Vergleich, fehlende Regelung

Der Kläger hatte 8.000,00 EUR eingeklagt sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (Nr. 2300 VV) in Höhe von

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   753,00 EUR
  (Wert: 8.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR

Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000,00 EUR zu zahlen.

Da sich aus dem Vergleich nicht ergibt, inwieweit die Geschäftsgebühr tituliert sein soll, kommt eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht. Die Verfahrensgebühr ist ungekürzt festzusetzen.

 

Rz. 57

Dieses Ergebnis ist für den Beklagten nachteilig, da er sich jetzt nicht auf die Anrechnung der Geschäftsgebühr berufen kann. Für den Kläger ist dies zunächst einmal vorteilhaft. Probleme ergeben sich jedoch, wenn der Kläger rechtsschutzversichert ist. Der Anspruch auf Ersatz der Geschäftsgebühr ist dann nämlich gem. § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen. Dieser wird nicht ohne Weiteres damit einverstanden sein, dass im Wege des Gesamtvergleichs auf den vorprozessualen Kostenerstattungsanspruch verzichtet worden ist.

[20] BGH AGS 2011, 6 = NJW 2011, 861 = RVGreport 2011, 65; OLG Karlsruhe AGS 2010, 209 = NJW-Spezial 2010, 379 = RVGreport 2010, 227; AGS 2010, 211; AGS 2010, 212; OLG Koblenz AGS 2014, 43 = NJW-Spezial 2014, 28; OLG Bamberg Rpfleger 2014, 108 = JurBüro 2014, 132; OLG Düsseldorf AGS 2018, 148; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 23.6.2016 – I-3 W 122/15.

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