Rz. 116

Schließen die Parteien einen Vergleich über Hauptsache und vorgerichtliche Kosten und ergibt sich aus dem Vergleich nicht eindeutig, inwieweit die Geschäftsgebühr dabei in der Vergleichssumme enthalten sein soll, kommt eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht.[45] Das gilt auch dann, wenn der Vergleich eine umfassende Abgeltungsklausel enthält.[46]

 

Beispiel: Der Kläger hatte 8.000 EUR eingeklagt sowie eine daraus vorgerichtlich entstandene 1,5-Geschäftsgebühr (VV 2300) in Höhe von:

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300   753,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR

Im Termin schließen die Parteien einen Vergleich, wonach sich der Beklagte verpflichtet, zum Ausgleich der Klageforderung einen Betrag in Höhe von 6.000 EUR zu zahlen.

Da sich aus dem Vergleich nicht ergibt, inwieweit die Geschäftsgebühr tituliert sein soll, kommt eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht in Betracht.

 

Rz. 117

Dieses Ergebnis ist für den Beklagten nachteilig, da er sich jetzt nicht auf die Anrechnung der Geschäftsgebühr berufen kann. Für den Kläger ist dies zunächst einmal vorteilhaft. Probleme ergeben sich jedoch, wenn der Kläger rechtsschutzversichert ist. Der Anspruch auf Ersatz der Geschäftsgebühr ist dann nämlich gem. § 86 Abs. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen. Dieser wird nicht ohne weiteres damit einverstanden sein, dass im Wege des Gesamtvergleichs auf den vorprozessualen Kostenerstattungsanspruch verzichtet worden ist.

[45] BGH 7.12.2010 – VI ZB 45/10, AGS 2011, 6 = RVGreport 2011, 65 = NJW 2011, 861; OLG Koblenz AGS 2014, 43 = NJW-RR 2014, 768; OLG Köln 9.6.2010 – 17 W 86/10, AGS 2010, 462 = RVGreport 2010, 346.

OLG Karlsruhe AGS 2010, 209 = RVGreport 2010, 227; AGS 2010, 211 = JurBüro 2010, 299; AGS 2010, 212 = JurBüro 2010, 470; a.A. OLG Saarbrücken AGS 2010, 60 = RVGreport 2010, 229 = JurBüro 2010, 194; AG Bremen AGS 2009, 566 = RVGreport 2009, 432.

[46] OLG Köln 9.6.2010 – 17 W 86/10, AGS 2010, 462 = RVGreport 2010, 346; OLG Bamberg JurBüro 2014, 132.

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