Rz. 131

Auch ein Rechtsschutzversicherer ist Dritter i.S.d. Abs. 3. Auch er kann sich auf eine Anrechnung der Geschäftsgebühr nur dann berufen, wenn er die Geschäftsgebühr gezahlt hat.

 

Beispiel: Der rechtsschutzversicherte Mandant beauftragt den Anwalt außergerichtlich wegen einer Forderung in Höhe von 8.000 EUR. Hiernach kommt es zum Rechtsstreit über diesen Betrag. Für den Rechtsstreit erteilt der Rechtsschutzversicherer Deckungsschutz; für die außergerichtliche Vertretung lehnt er den Deckungsschutz bedingungsgemäß ab.

Rechnet der Anwalt die volle Geschäftsgebühr mit dem Mandanten ab, dann kann er vom Rechtsschutzversicherer lediglich noch den Restbetrag einfordern. Es ergäbe sich also folgende Abrechnung:

 
I. Abrechnung mit dem Mandanten (Wert: 8.000 EUR)    
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300   753,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR
II. Abrechnung mit dem Rechtsschutzversicherer (Wert: 8.000 EUR)    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   652,60 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 8.000 EUR   – 376,50 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   602,40 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 898,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   170,72 EUR
Gesamt   1.069,22 EUR
III. Gesamt   1.989,09 EUR

Dagegen kann der Anwalt aber auch zunächst einmal vom Rechtsschutzversicherer die volle Verfahrensgebühr verlangen. Der vom Mandanten zu zahlende Eigenanteil verringert sich dann um den Anrechnungsbetrag.

 
I. Abrechnung mit dem Rechtsschutzversicherer (Wert: 8.000 EUR)    
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   652,60 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   602,40 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.275,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   242,25 EUR
Gesamt   1.517,25 EUR
II. Abrechnung mit dem Mandanten (Wert: 8.000 EUR)    
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300   753,00 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 8.000 EUR   – 376,50 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 396,50 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   73,34 EUR
Gesamt   471,84 EUR
III. Gesamt   1.989,09 EUR

Auf den Gesamtbetrag der Vergütung hat es keinen Einfluss, wo angerechnet wird. Das Ergebnis ist immer dasselbe. Die zweite Variante ist für den Mandanten allerdings die günstigere, weil seine eigene Zahlungspflicht dann geringer ausfällt.

Der Versicherer kann sich in diesem Fall nicht auf die Anrechnung der Geschäftsgebühr berufen, da auch für ihn Abs. 3 gilt. Auch er ist Dritter i.S.d. Vorschrift.

 

Rz. 132

Dies kann sich auch auf die Kostenerstattung auswirken, nämlich wenn der Mandant einerseits zur Zahlung der Geschäftsgebühr verurteilt wurde und er andererseits die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Von Kosten, die der Versicherungsnehmer aus materiellem Recht schuldet (vorgerichtliche Geschäftsgebühr des Gegners etwa Verzug, Delikt o.Ä.), muss der Rechtsschutzversicherer diesen nicht freistellen.[48] Lediglich von prozessualen Kostenerstattungsansprüchen muss der Rechtsschutzversicherer den Versicherungsnehmer befreien. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass sich materiell-rechtlicher Kostenersatzanspruch und prozessualer Kostenerstattungsanspruch teilweise decken. Im Bereich dieser Deckungsgleichheit bleibt der Versicherer zur Leistung bzw. Freistellung verpflichtet.[49]

 

Beispiel: Der rechtsschutzversicherte Beklagte wird verurteilt, 8.000 EUR zu zahlen sowie eine daraus angefallene 1,5-Geschäftsgebühr (VV 2300), also:

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300   753,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 773,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   146,87 EUR
Gesamt   919,87 EUR

Festgesetzt wird anschließend die um die Anrechnung verminderte Verfahrensgebühr:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   652,60 EUR
2. gem. VV Vorb. 3 Abs. 4 anzurechnen, 0,75 aus 8.000 EUR   – 376,50 EUR
3. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   602,40 EUR
4. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 898,50 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   170,72 EUR
Gesamt   1.069,22 EUR

Der Rechtsschutzversicherer muss die im Urteil zugesprochene Geschäftsgebühr nicht zahlen, da es sich um einen materiell-rechtlichen Schadensersatzanspruch handelt und er insoweit bedingungsgemäß keine Freistellung schuldet.[50]

Der Rechtsschutzversicherer muss aber von der Verfahrensgebühr freistellen, und zwar in voller Höhe und nicht nur in der festgesetzten Höhe. Die Titulierung der Geschäftsgebühr gegen den Versicherungsnehmer entlastet ihn nicht.[51] Er hat also den Versicherungsnehmer freizustellen in Höhe von:

 
1. 1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100   652,60 EUR
2. 1,2-Terminsgebühr, VV 3104   602,40 EUR
3. Postentgeltpauschale, VV 7002   20,00 EUR
  Zwischensumme 1.275,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, VV 7008   242,25 EUR
Gesamt   1.517,25 EUR

Damit wird der Versicherungsnehmer also auch von einem Teil seiner materiell-rechtlichen Kostenschuld befreit: (1.517,25 EUR – 1.069,22 EUR =) ...

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