Rz. 1462

Der Betriebsrat darf gem. § 78 BetrVG in seiner Amtsausübung nicht gehindert oder gestört werden. Zur Abwehr derartiger Beeinträchtigungen kann dem Betriebsrat ein gerichtlich durchsetzbarer Unterlassungsanspruch zustehen (zuletzt LAG Schleswig-Holstein v. 11.1.2022 – 2 TaBV 30/21, juris, Rn 88). Der Betriebsrat kann in eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechten schon dann verletzt sein, wenn der von ihm bestellte Einigungsstellenbeisitzer vom Arbeitgeber mit Kündigung bedroht wird (LAG Niedersachsen v. 27.5.2014 – 11 TaBV 104/13, juris).

 

Beispiele aus der Praxis

Behinderung von Betriebsratssitzungen oder Betriebsversammlungen;
Beseitigung von Aushängen des Betriebsrates am Schwarzen Brett;
Bekanntgabe der Kosten des Betriebsrates auf Lohn- und Gehaltsabrechnungen der Mitarbeiter (ArbG Darmstadt v. 20.11.1986 1 BVGa 9/86, juris);
Erfassung von Zeitpunkt und Dauer von Telefongesprächen des Betriebsrates (BAG v. 27.5.1986 – 1 ABR 48/84, juris);
Ankündigung des Arbeitgebers, Sozialleistungen unter Hinweis auf die Kosten der Betriebsratsarbeit einzuschränken (Einzelheiten bei DKK/Buschmann, BetrVG, § 78 Rn 14);
Umfrageaktionen durch den Arbeitgeber, wenn sie dazu dienen, das Mandat des Betriebsrates in laufenden Verhandlungen über eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit infrage zu stellen;
Drohung mit Sanktionen, falls das Betriebsratsmitglied den Arbeitsplatz verlassen würde, um Beschäftigte auf deren Bitte hin bei der Geltendmachung ihrer Rechte zu unterstützen (LAG Berlin-Brandenburg v. 20.10.2011 – 10 TaBV 567/11, juris);
Individualrechtliche Klageverfahren gegen einzelne Betriebsratsmitglieder wegen vom Betriebsrat abgegebener Äußerungen (LAG Baden-Württemberg v. 4.7.2012 – 13 TaBV 4/12, juris);
Anweisung zur Buchung von An- und Abmeldung zur Betriebsratsarbeit in einem Zeiterfassungssystem (LAG Hamm v. 26.11.2013 – 7 TaBV 74/13, juris; ob dies in jedem Fall zu gelten hat, erscheint als zweifelhaft);
Ablehnung des Abschlusses eines Folgevertrages für ein befristet beschäftigtes Betriebsratsmitglied wegen der Tätigkeit als Betriebsrat (BAG v. 25.6.2014 – 7 AZR 847/12, juris; im konkreten Fall allerdings verneint, weil das Betriebsratsmitglied die Kausalität nicht belegen konnte);
Unterlassung des Ausspruchs einer Abmahnung des Betriebsratsmitglieds (LAG Hamm v. 4.5.2017 – 9 Ta 45/17, juris);
Unterlassung der vorübergehenden Entnahme von Betriebsratspost durch den Arbeitgeber (LAG Berlin-Brandenburg v. 24.8.2018 – 9 TaBV 157/18, juris);
Unterlassung der Äußerung des Arbeitgebers, durch eine bestimmte Ausübung des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats könnten Menschenleben gefährdet werden (LAG Nürnberg v. 20.12.2018 – 5 TaBV 61/17, juris; im Ergebnis abgewiesen, weil nicht jede übertriebene oder polemische Äußerung eine Behinderung darstelle);
Unterlassen, mit den Betriebsratsmitgliedern anders als in deutscher Sprache zu kommunizieren (LAG Nürnberg v. 18.6.2020 – 1 TaBV 33/19, juris: Eigentlich geht es nicht um einen Unterlassungsanspruch, sondern um die Vornahme von Handlungen; im Ergebnis abgewiesen, weil eine Übersetzerin zur Verfügung stand);
Unterlassen des Verbots einer Präsenzsitzung in Corona-Zeiten (LAG Berlin-Brandenburg v. 13.10.2020 – 26 TaBVGa 1281/20, juris; LAG Berlin-Brandenburg v. 24.8.2020 – 12 TaBVGa 1015/20, juris);
Unterlassen der Androhung arbeitsrechtlicher Schritte gegen Betriebsratsmitglieder, weil diese ein Formular Jahresurlaubsplanung verändert hätten (LAG Hessen v. 29.11.2021 – 16 TaBV 52/21, juris, mit der – sehr streitigen – Ansicht, Abmahnungen betriebsverfassungsrechtlicher Amtspflichtverletzungen seien generell unzulässig; a.A. etwa LAG Nürnberg v. 11.3.2021 – 1 TaBV 24/20, juris);
Unterlassung des Aushangs des Arbeitgebers, die den Mitarbeitern in Aussicht gestellte Prämie sei vom Betriebsrat von weiteren Bedingungen abhängig gemacht worden (LAG Schleswig-Holstein v. 11.1.2022 – 2 TaBV 30/21, juris: im Ergebnis abgewiesen, zum Teil wegen der Unbestimmtheit der Anträge, zum Teil, weil nicht jede Drucksituation mit einer Betriebsratsbehinderung gleichzustellen sei).
 

Rz. 1463

In einem Streit um die betriebsinterne Veröffentlichung von Betriebsratskosten hatte das BAG über folgenden Antrag zu befinden:

Zitat

"Dem Arbeitgeber wird aufgegeben, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes … zu unterlassen, die Belegschaft in der Niederlassung … in der Betriebsversammlung, sei es schriftlich oder mündlich, sowie außerhalb der Betriebsversammlung, sei es schriftlich oder mündlich, sowie einzelne Arbeitnehmer der Niederlassung außerhalb der Betriebsversammlung, sei es schriftlich oder mündlich, über die durch die Tätigkeit des Betriebsrats verursachten Kosten zu unterrichten."

 

Rz. 1464

Das LAG Baden-Württemberg und das BAG (v. 19.7.1995 – 7 ABR 60/94, juris) haben den Unterlassungsantrag zurückgewiesen, weil er in globaler Weise auch Fallgestaltungen erfasse, in denen die Mitteilung von Betriebsratskosten nicht betriebsverfassungswidrig sei. Na...

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