Rz. 856

§ 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG gibt dem Betriebsrat – und zwar dem Betriebsratsgremium, sodass ein vorangegangener Beschluss Voraussetzung ist – ein generelles Antrags- und Initiativrecht, unabhängig vom Bestehen einzelner u.U. weitergehender Mitbestimmungsrechte (BAG v. 27.6.1989 – 1 ABR 19/88, juris: allerdings heißt dies nicht, dass dem Betriebsrat grundsätzlich alle Unterlagen vorzulegen sind, um vom Betriebsrat daraufhin überprüft werden zu können, ob sich für ihn Aufgaben ergeben). Zur unvoreingenommenen Behandlung der Anregungen und Initiativen des Betriebsrates ist der Arbeitgeber nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gehalten (§ 74 Abs. 1 BetrVG). Aus § 80 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ergibt sich allerdings kein Recht, die Befolgung seiner Anträge zu erzwingen. Dies kann der Betriebsrat nur in anderen Paragrafen gesetzlich geregelter Fälle der uneingeschränkten Mitbestimmung, d.h. immer nur dort, wo ggf. der Spruch der Einigungsstelle die ausbleibende Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt. Das Antragsrecht steht im Rahmen von deren Zuständigkeit auch dem Gesamt- und dem Konzernbetriebsrat zu.

 

Rz. 857

Nach dem Gesetzestext hat die beantragte Maßnahme dem Betrieb und der Belegschaft zu dienen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass kumulativ die Interessen der Belegschaft und des Unternehmers vorliegen müssen. Hier kann ein Gegensatz nicht konstruiert werden. Die Konjunktion ist nach Sinn und Zweck so zu lesen, als lautete sie "oder". Der Betriebsrat soll die Interessen der Belegschaft auch dann vorbringen können, wenn diese sich mit denen des Betriebes nicht von vornherein decken (Richardi/Thüsing, BetrVG, § 80 Rn 24). Das Recht – mit der Folge eingeschränkter Befugnisse aus § 80 Abs. 2 und 3 BetrVG – bezieht sich nach der Systematik nicht auf individuelle Rechte einzelner Arbeitnehmer, soweit sich anderes nicht aus den Sonderregelungen der folgenden Nummern ergibt (Schwerbehinderte, ältere Arbeitnehmer usw.). Für derartige Individualrechte bestehen in §§ 81 ff. BetrVG (bis hin zur Anrufung der Einigungsstelle nach § 85 BetrVG) eigene speziellere Vorschriften und Möglichkeiten (Richardi/Thüsing, § 80 Rn 25; GK-BetrVG/Weber, § 80 Rn 36; a.A. DKW/Buschmann, § 80 Rn 34).

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