Rz. 412

Die Rechtsstellung der Übergangs- und Restmandat ausübenden Betriebsratsmitglieder unterscheidet sich nicht von derjenigen eines normalen Mandates. Im Fall einer Stilllegung des Betriebes sind die Betriebsratsmitglieder – vor dem Wirksamwerden der Stilllegung besteht ja noch das Vollmandat – in aller Regel bei Beginn des Restmandates bereits zulässigerweise nach § 15 Abs. 4 oder 5 KSchG ordentlich gekündigt. Eine ordentliche Kündigung bleibt nach § 15 Abs. 1 KSchG für die Dauer der Ausübung des Restmandates ausgeschlossen; darüber hinaus ist auch die Zustimmung des Restmandatsbetriebsrates für eine außerordentliche Kündigung nach § 103 BetrVG nötig; dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut "bleibt der Betriebsrat im Amt" (zutreffend GK/Raab, § 103 Rn 18).

 

Rz. 413

Soll ein Betriebsratsmitglied gekündigt werden, das im abgespaltenen Betriebsteil beschäftigt ist, wird für die Zustimmung hierzu der Restmandatsbetriebsrat zuständig sein, für ein im weiterbestehenden betriebsidentischen Betriebsrat zuständiges Mitglied dieser Betriebsrat in seiner aktuellen Besetzung. Ein Betriebsratsmitglied kann auch im Zeitpunkt des Restmandates jederzeit seinen Rücktritt erklären (BAG v. 18.10.2000 – 2 AZR 494/99, juris; vgl. auch Auktor, NZA 2003, 950, 951).

 

Rz. 414

Der Betriebsrat hat während der Zeit des Restmandates keinen Anspruch auf Beibehaltung der bisherigen Vollfreistellung entsprechend der Staffel des § 38 BetrVG: Dem Betriebsrat bleiben ja nur die auf die im Zusammenhang mit dem Untergang des Betriebes vorhandenen Mitbestimmungsrechte. Anders sieht dies beim Übergangsmandatsbetriebsrat aus. Der Betriebsrat behält in diesem Fall alle Mitbestimmungsrechte, sodass – soweit die Größenordnungen noch erreicht sind – die Beibehaltung der vorhandenen Freistellungen gerechtfertigt ist. Problematisch ist, ob dies auch im Fall der Abspaltung gilt, wenn Vollmandats- und Übergangsmandatsbetriebsrat unterschiedlich besetzt sind. Eigentlich müssten die Freistellungen dann entsprechend dem Verhältnis der repräsentierten Belegschaften auf Vollmandats- und Übergangsmandatsbetriebsrat aufzuteilen sein; da dies unpraktikabel ist, wird man – die Zahl der Betriebsratsmitglieder bleibt ja gleich – die bisherige Freistellungsstaffel trotz möglicherweise jetzt anderer Belegschaftsgrößen für die Übergangszeit weiterbestehen lassen müssen.

 

Rz. 415

Ist ein Betriebsratsmitglied beim selben Arbeitgeber weiterbeschäftigt, hat es einen Anspruch auf bezahlte Freistellung für die Betriebsratstätigkeit unabhängig davon, welchem Betriebsteil es zuzuordnen ist (§ 37 Abs. 2 und Abs. 3 BetrVG direkt oder analog). Ist das Betriebsratsmitglied, das das Restmandat ausübt, aus dem Unternehmen ausgeschieden und hat keinen Entgeltanspruch (ist z.B. arbeitslos), dann wird ein Anspruch auf Fortzahlung nach § 37 Abs. 2 BetrVG nicht bestehen. Das Betriebsratsamt ist ein Ehrenamt, es sollen lediglich Verdienstminderungen ausgeglichen werden, die ohne das Betriebsratsamt bestehen.

 

Rz. 416

Ist ein Betriebsratsmitglied, das das Restmandat ausübt, nach der Stilllegung bei einem neuen, an der Stilllegung unbeteiligten Arbeitgeber beschäftigt, dann kommt ein Anspruch auf Entgeltzahlung oder Freizeitausgleich nach § 37 Abs. 3 BetrVG diesem ggü. nach überwiegender Ansicht nicht in Betracht (BAG v. 5.5.2010 – 7 AZR 728/08, juris; diskutabel wäre eine Anwendung des § 616 BGB, vgl. Auktor, NZA 2003, 953). Man wird allerdings einen Anspruch gegen diesen neuen Arbeitgeber auf unbezahlte Freistellung annehmen müssen, solange besondere betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Eine gesetzliche Regelung fehlt, die Situation stellt sich nicht anders dar als bei sonstiger Ausübung eines vom Gesetz erwünschten oder vorgesehenen Ehrenamtes. Ist ein Betriebsratsmitglied in einem dem Konzern angehörigen Unternehmen beschäftigt, wird man an die Freistellung hindernden betrieblichen Gründe besondere Anforderungen stellen können. Ähnliches gilt für die Freistellungsansprüche ggü. einem an einer Zusammenlegung, Zusammenfassung oder Eingliederung beteiligten Unternehmen: In diesem Fall besteht ja für das Entstehen des Mandates eine Mitverantwortung des Beschäftigungsarbeitgebers.

 

Rz. 417

Soweit das Betriebsratsmitglied ggü. seinem Beschäftigungsarbeitgeber nur Anspruch auf unbezahlte Freistellung hat, wird man einen Ausgleichsanspruch entsprechend § 37 Abs. 2 oder § 40 BetrVG ggü. demjenigen Unternehmen, bei dem das Rest- oder Übergangsmandat angesiedelt ist, annehmen (ausdrücklich offengelassen von BAG v. 5.5.2010 – 7 AZR 728/08, juris; im zugrundeliegenden Fall befanden sich die Mitglieder während der Ausübung des Restmandats bereits im Ruhestand und hatten somit keine Vermögensnachteile). Dieser geht ins Leere, wenn das ursprüngliche, vor dem Untergang des Betriebes zuständige Unternehmen gelöscht ist.

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