Rz. 32

Am Anfang des Mandats steht regelmäßig eine anwaltliche Beratung, aus der sich ergibt, ob und wie das Mandat weitergeführt wird. Zu Beginn dieser Beratung muss der Anwalt den Mandanten zwar nicht darüber belehren, dass seine Inanspruchnahme zu vergüten ist. Er muss aber gem. § 49b Abs. 5 BRAO und § 12a ArbGG auf die Vergütung nach Gegenstandswert und den Ausschluss der Kostenerstattung im Urteilsverfahren erster Instanz hinweisen,[63] was im Ergebnis auf das Gleiche hinausläuft.

Bei einer Beratung ist der Auftrag auf eine Auskunft zu einer allgemeinen Frage mit rechtlichem Inhalt oder auf einen Rat, also eine Verhaltensempfehlung in einer bestimmten Rechtsangelegenheit, d.h. auf einen Informationsaustausch gerichtet. Der Anwalt wird also nur (rechts-) beratend im Innenverhältnis tätig und nimmt kein anderes Geschäft für den Mandanten vor, insbesondere soll er nach dem Auftrag nicht nach außen tätig werden und den Mandanten nicht vertreten. Bloße Rückfragen oder die Einholung von Auskünften bei Dritten sind unschädlich. Auch bei der in § 34 RVG erwähnten Erstellung eines schriftlichen Gutachtens ist der Auftrag nicht auf eine Tätigkeit nach außen gerichtet, sondern auf die geordnete Bewertung der Sach- und Rechtslage. Geht die anwaltliche Tätigkeit darüber hinaus und ist sie auf eine weitergehende Befassung mit den tatsächlichen und rechtlichen Problemen der Angelegenheit oder gar auf die Vertretung des Mandanten im Außenverhältnis gerichtet, liegt eine nach Abschnitt 3 VV mit einer Geschäftsgebühr zu vergütende außergerichtliche Vertretung vor.[64]

Für die Differenzierung ist entscheidend, worauf der Auftrag gerichtet ist. Wichtig wird sie vor allem dann, wenn keine Vergütungsvereinbarung getroffen wurde, denn dann richtet sich die Vergütung im Falle einer Beratung nach dem BGB und ist bei Verbrauchern auf 190 EUR bzw. 250 EUR gedeckelt, § 34 RVG. Bei einer außergerichtlichen Vertretung hingegen fällt eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG an.

[63] Vgl. Schaefer/Schaefer/Simon, § 3 Rn 16, der eine Hinweispflicht auf § 12a ArbGG bei außergerichtlicher Vertretung für falsch hält. Spätestens bei Erwähnung der Vergütung nach Gegenstandswert wird der Mandant auch nachfragen, was das für ihn im Ergebnis bedeutet, s. Rn 21.
[64] Vgl. OLG Nürnberg v. 26.7.2010 – 14 U 220/10, AnwBl 2010, 805; zur Abgrenzung vgl. AnwK-RVG/Thiel/Eder, § 34 Rn 19, VV Vorb. 2.3 Rn 28, 37; Schneider, § 6 Rn 3.

1. Wegfall der gesetzlichen Beratungsgebühr

 

Rz. 33

Für einen mündlichen (auch telefonischen) oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft (Beratung) gibt es seit dem 1.7.2006 keinen speziellen gesetzlichen Gebührentatbestand mehr. Die früher in Nr. 2100 VV a.F. vorgesehene Beratungsgebühr ist ersatzlos entfallen, sodass auf sie nicht zurückgegriffen werden kann (auch nicht als übliche Vergütung i.S.d. BGB).[65] Der Anwalt soll nunmehr für eine Beratung, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängt, für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens und für die Tätigkeit als Mediator auf den Abschluss einer Gebührenvereinbarung hinwirken, § 34 RVG. Ohne eine solche Vereinbarung erhält er Gebühren nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.

[65] Vgl. AnwK-RVG/Thiel/Eder, § 34 Rn 93; Schaefer/Schaefer/Simon, § 3 Rn 18.

2. Erstberatung, Verbraucher, Gebühren-/Vergütungsvereinbarung

 

Rz. 34

Haben die Parteien eine Vergütungsvereinbarung geschlossen, ergibt sich auch im Fall einer Erstberatung die Vergütung aus dieser Vereinbarung.

Die Formvorschriften des § 3a Abs. 1 S. 1, 2 RVG (= Textform) gelten für eine Gebührenvereinbarung nach § 34 RVG nicht, § 3a Abs. 1 S. 4 RVG; eine solche Vereinbarung kann daher auch mündlich geschlossen werden.[66]

 

Rz. 35

Für Verbraucher – und damit auch für Arbeitnehmer[67] – bietet § 34 Abs. 1 S. 3 RVG besonderen Schutz. Danach beträgt die Gebühr für die Beratung oder für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens jeweils höchstens 250 EUR; für ein erstes Beratungsgespräch beträgt die Gebühr höchstens 190 EUR.

Unter Erstberatung ist eine pauschale, überschlägige Einstiegsberatung wegen des den Rat oder die Auskunft betreffenden Gegenstands zu verstehen. Gemeint ist ein erstes Gespräch, das entweder persönlich oder telefonisch geführt wird. Dazu gehört weder, dass sich der Rechtsanwalt erst sachkundig macht, noch, dass er die Erstberatung schriftlich zusammenfasst, noch, dass ein vollständiges Ergebnis präsentiert wird; der Anwalt muss dies dem Mandanten aber erkennbar machen und auf offengebliebene und zu vertiefende Fragen hinweisen, den Sachverhalt, soweit möglich, vollständig erfragen und darauf hinweisen, welche Rechtsfragen von ihm noch zu recherchieren sind.[68]

[66] Vgl. AnwK-RVG/N. Schneider, § 34 Rn 9 mit Hinweis darauf, dass ausschließlich Leistungen nach § 34 RVG umfasst sind.
[67] Vgl. BGH v. 3.5.2007 – I ZR 137/05, AnwBl 2007, 870; vgl. dazu Hümmerich/Bieszk, AnwBl 2006, 749; AnwK-RVG/Thiel/Eder, § 34 Rn 114.
[68] Vgl. BGH v. 3.5.2007 – I ZR 137/05, juris; AG Essen v. 5.12.2012 – 17 C 226/12, AGS 2014, 61; AnwK-RVG/Onderka, § 34 Rn 122; Schaefer/Schaefer/Simon, § 3 Rn 33; ...

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