Rz. 35

Da Bundes- und Landesgesetzgeber von ihrer Befugnis, die Satzung privatrechtlicher Stiftungen zu regeln, nur in begrenztem Umfange Gebrauch gemacht haben, ergeben sich die stiftungsrechtlichen Regelungen für die einzelne Stiftung im Wesentlichen aus ihrer Stiftungssatzung, auch Stiftungsverfassung genannt (der Sprachgebrauch in den einzelnen Landesstiftungsgesetzen ist unterschiedlich). Unter Beachtung des BGB und des für die betreffende Stiftung geltenden Landesstiftungsgesetzes kann ein Stifter eine konkret auf seine Wünsche zugeschnittene Stiftungssatzung festlegen. Die Muster 3 und 4 (siehe Rdn 115, 117) zeigen beispielhaft, welche Spannbreite hier besteht. Nicht umgehen kann der Stifter grundsätzlich allerdings die staatliche Stiftungsaufsicht,[76] welche in erster Linie dem öffentlichen Interesse an der Verwirklichung des Stifterwillens dient. Die Aufsicht ist reine Rechtsaufsicht, also nicht etwa auch Fachaufsicht. In den neuen Landesstiftungsgesetzen findet sich eine Tendenz zur Beschränkung auf eine sog. "Anlass-Aufsicht". Zahlreiche früher bestehende Genehmigungserfordernisse für Geschäfte einer Stiftung sind entfallen. Das ist in jedem Einzelfall nach dem aktuellen Landesstiftungsgesetz zu prüfen.

 

Rz. 36

Die Rechtsaufsicht[77] betrifft nur die Beaufsichtigung der Einhaltung der Rechtsvorschriften des jeweiligen Stiftungsrechts, schließt also die Aufsicht hinsichtlich fachlicher Fragen der Stiftungsverwaltung durch deren Organe (Fachaufsicht) nicht mit ein. Die Stiftungsorgane sind hinsichtlich ihrer Entscheidungen zur Art und Weise der Verwaltung der Stiftung insoweit also frei. In gewissem Maße lässt sich die Stiftungsaufsicht je nach Landesstiftungsgesetz für Familienstiftungen vermeiden. Ebenfalls nicht umgehen kann der Stifter, dass als notwendige Grundvoraussetzung einer Stiftungsorganisation ein Stiftungsvorstand einzusetzen ist, der die Stiftung nach außen vertritt und für sie handelt.

 

Rz. 37

Gerade im Stiftungsrecht ist eine auf die besonderen Erfordernisse des jeweiligen Einzelfalls zugeschnittene Satzung unerlässlich. Vor allem die "Verewigung des Stifterwillens" auch für die Zeit nach dem Tod des Stifters erfordert eine sehr sorgfältig gestaltete Stiftungssatzung, die einerseits den Stifterwillen ausreichend konkret festschreibt, andererseits aber in der Zukunft – soweit rechtlich zulässig – eine Anpassung an etwaig zwischenzeitlich geänderte Verhältnisse durch eine entsprechende Flexibilität der Stiftungssatzung ermöglicht. Anders als bspw. bei den Handelsgesellschaften, deren Gesellschaftsverträge nach dem Willen ihrer Gesellschafter geänderten Umständen jederzeit angepasst werden können, ist die Änderung von Stiftungssatzungen nach dem Tod des Stifters nur in sehr eingeschränktem Umfange möglich.[78]

[76] Ausf. zur Stiftungsaufsicht Schiffer/Pruns in: Schiffer, § 4 Rn 29 ff.; Werner/Saenger/Fischer/Winkler, § 27; Hüttemann/Richter/Weitemeyer/Schulte, Kap. 28 f.; jew. m.w.N.
[77] Näher dazu: Andrick/Suerbaum, S. 51 ff.; Werner/Saenger/Fischer/Winkler, § 27 Rn 43 ff.; Hüttemann/Richter/Weitemeyer/Schulte, Kap. 28 Rn 28 ff., 31 ff.
[78] Ausf. dazu Schiffer/Pruns in: Schiffer, § 4 Rn 57 ff.

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