Rz. 1362

Nach § 1472 Abs. 3 Hs. 1 BGB ist jeder Ehegatte dem anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesamtguts erforderlich sind. Dieser Anspruch ist identisch mit dem Mitwirkungsanspruch während bestehender Ehe nach § 1451 BGB (siehe Rn 1255 ff.).[1504] Ein gerichtlicher Antrag auf Mitwirkung ist möglich, eine gerichtliche Ersetzung indes nicht.[1505] Dritten ist es verwehrt, sich auf die Mitwirkungspflicht zu berufen.[1506]

 

Rz. 1363

Ordnungsmäßig ist eine Verwaltung, die unter Beachtung der Grundsätze vernünftiger Wirtschaftsführung auf Erhaltung, Sicherung und Vermehrung des Gesamtguts im Interesse der Ehegatten und etwaiger Kinder abzielt. Was konkret als ordnungsgemäße Verwaltung angesehen wird, bestimmt sich jeweils nach den Umständen des Einzelfalls unter besonderer Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Familie. Es ist ein objektiver Maßstab anzulegen, auf die subjektive Auffassung der Ehegatten kommt es nicht an.[1507]

 

Rz. 1364

Wenn das Gesamtgut in die Liquidationsphase eingetreten ist, treten die wirtschaftlichen Gesichtspunkte in den Vordergrund, insbesondere die Erhaltung und Sicherung des Gesamtguts. Die eheliche Gesinnung spielt nach der Ehescheidung keine entscheidende Rolle mehr. Vielmehr bestehen insoweit nur noch Nachwirkungen der aufgelösten Ehe insofern, als die gegenseitige Rücksichtnahme bei der Regelung der Rechtsfolgen der Ehescheidung zu beachten ist. Auch in der Liquidationsphase darf deshalb das Gesamtgut nicht einseitig geschmälert oder – etwa durch Schenkungen – verringert werden. Der Ausgleichsanspruch des anspruchsberechtigten Ehegatten darf gleichfalls durch Verwaltungsmaßnahmen nicht gefährdet werden. Auf der anderen Seite wird von dem weichenden Ehegatten Rücksichtnahme auf die Belange desjenigen Ehegatten erwartet, der einen Vermögensgegenstand in das Gesamtgut eingebracht und nach Beendigung der Gütergemeinschaft Anspruch auf dessen Herausgabe hat. So wäre eine Verweigerung der Zustimmung zu einer Verwaltungsmaßnahme nur unter dem Gesichtspunkt, dass damit die Herausgabe des Vermögensgegenstandes verhindert oder zumindest erschwert werden soll, nicht anzuerkennen. Die Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft und die gemeinsame Verwaltung bis zur endgültigen Beendigung der Liquidationsgemeinschaft dienen nicht der Fortsetzung des Scheidungsverfahrens mit anderen Mitteln, sondern der korrekten Abwicklung der gemeinsamen ehelichen Lebensleistung in wirtschaftlicher Hinsicht.[1508]

 

Rz. 1365

Die Verletzung der Mitwirkungspflicht durch einen Ehegatten kann nach entsprechender Anwendung des § 1435 S. 3 BGB zu einer Schadensersatzverpflichtung führen, die aber gegenüber dem Gesamtgut besteht. Inhaber von Schadensersatzansprüchen aus Pflichtverletzungen gegenüber der Liquidationsgemeinschaft kann also nur die Liquidationsgemeinschaft sein.[1509]

 

Rz. 1366

Ferner steht beiden Ehegatten nach Beendigung der Gütergemeinschaft ein Anspruch auf Einräumung des Mitbesitzes am Gesamtgut im Sinne des § 1450 Abs. 1 S. 2 BGB zu.[1510]

[1506] BGH FamRZ 1958, 459.
[1507] BayObLG FamRZ 1983, 1127, 1128; 2005, 109.
[1508] BayObLG FamRZ 2005, 109.
[1510] OLG Hamm SeuffA 72, 13; FamRZ 1979, 810; OLG Stuttgart NJW 1950, 70.

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