Leitsatz (amtlich)
- Bis zu einer Auseinandersetzung sind die in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten nach rechtskräftiger Scheidung in einer Liquidationsgemeinschaft verbunden.
- Die aus der Immobilie gezogenen Früchte, d.h. die Mieten, fallen während Bestehens der Liquidationsgemeinschaft in das Gesamtgut. Von einem Ehegatten wegen entsprechender Vereinbarung geschuldete Nutzungsvergütung fällt ebenfalls in das Gesamtgut.
- Inhaber von Schadensersatzansprüchen aus Pflichtverletzungen gegenüber der Liquidationsgemeinschaft kann nur die Liquidationsgemeinschaft sein.
Normenkette
BGB §§ 1419, 1421, 1435, 1471-1473
Verfahrensgang
AG Darmstadt (Beschluss vom 22.03.2012; Aktenzeichen 52 F 1756/11 RI) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Darmstadt vom 22.3.2012 wird mit der Berichtigung dahingehend, dass der Antragsteller 12 % (statt 18 %) der erstinstanzlichen Kosten zu tragen hat, zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird festgesetzt auf 14.461,71 EUR.
Gründe
Die Beteiligten streiten um die Abänderung eines Vergleichs, den sie vor dem LG Darmstadt zu einer Immobilie geschlossen haben, die Teil der bestehenden Gütergemeinschaft in Liquidation ist, sowie um Schadensersatzansprüche.
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 15.7.1983 die Ehe geschlossen. Mit notariellem Vertrag vom 3.2.1984 vereinbarten sie für ihre Ehe die Gütergemeinschaft, was die Antragsgegnerseite erst in der Beschwerdeinstanz vorgetragen hat. Eine Regelung zur Verwaltung des Gesamtguts enthält diese notarielle Vereinbarung nicht. Teil der Gütergemeinschaft der Eheleute ist Grundeigentum in ... und zwar in Gestalt eines der Fremdvermietung dienenden Einfamilienhauses ... und eines Zwei-Parteien-Hauses ..., von dem eine Wohnung der Fremdvermietung dient und die andere die ehemalige eheliche Wohnung darstellt.
Nach Trennung der Eheleute im Jahr 1997 bewohnte der Antragsteller die ehemalige eheliche Wohnung. Die zweite Wohnung im Haus ... ist seit 1999 für eine Kaltmiete i.H.v. 800 DM (entspricht 409,03 EUR) vermietet. Das Einfamilienhaus ... war bis Ende September 2011 für 760 EUR vermietet, wobei seit der Trennung verschiedene Mieterwechsel erfolgt waren und der Antragsteller jeweils eine Neuvermietung veranlasst hatte. Für das Haus ... hatten die Beteiligten ein Darlehen aufgenommen, das zum 17.5.2011 mit 27.245,34 EUR valutierte und für das zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung aufgrund variablen Zinssatzes monatlich veränderliche Zinsen von um 500 EUR aufzuwenden waren.
Die Beteiligten wurden mit Urteil des AG Darmstadt, Az.: 52 F 1152/08 S vom 20.11.2008 geschieden. Eine Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft ist bisher nicht erfolgt.
Dem erstinstanzlichen Verfahren geht ein von der Antragsgegnerin angestrengtes Verfahren vor dem LG Darmstadt, Az. 17 O 120/09 voraus, in dem die Antragsgegnerin die Zahlung von Nutzungsentschädigung durch den Antragsteller begehrte. Im Rahmen dieses Verfahrens wurde zu dem objektiven Mietwert der während des Verfahrens noch durch den Antragsteller bewohnten ehemaligen ehelichen Wohnung ein Sachverständigengutachten erstellt mit dem Ergebnis eines monatlichen Werts i.H.v. 894,10 EUR. In diesem Verfahren schlossen die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung vom 7.6.2011 einen Vergleich, in dem der Antragsteller sich verpflichtete, an die Antragsgegnerin eine monatliche Nutzungsentschädigung i.H.v. 800 EUR sowie Rückstand zu zahlen. Der Höhe der Zahlung lag eine Berechnung zugrunde, nach der die tatsächlichen Mieten und der vom Sachverständigen ermittelte Wert addiert wurden (410 EUR + 760 EUR + 894,10 EUR), von dem so ermittelten Betrag unstreitig vom Antragsteller erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen abgezogen wurden (470 EUR) und von dem verbleibenden Betrag (1.567,16 EUR) die Zahlung der Hälfte gerundet von dem Antragsteller der Antragsgegnerin versprochen wurde.
Der Antragsteller hat zum 1.8.2011 möblierte Wohnräume in ... angemietet. In dem Zeitraum bis November 2011 räumte er sukzessive Gebrauchsgegenstände und Möbel aus der ehemaligen ehelichen Wohnung. Einige Möbel und Gegenstände ließ er zurück.
Nach dem Auszug der Mieter aus dem Einfamilienhaus ... nahm die Antragsgegnerin Renovierungsarbeiten in dem Haus vor und unterzeichnete zum 1.1.2012 einen Mietvertrag mit zwei neuen Mietern. Nach einem Gespräch mit dem Antragsteller traten die Mieter von dem Vertrag zurück, wobei die Einzelheiten des Gesprächs zwischen den Betroffenen streitig sind.
In der ersten Instanz begehrte der Antragsteller die Abänderung des gerichtlichen Vergleichs, weil er ausgezogen und außerdem der Verlust der Mieteinnahmen aus der ... zu berücksichtigen sei. Der Antragsteller vertrat die Auffassung, durch die Räumung der ehemaligen ehelichen Wohnung in dem dargestellten Umfang sei er ausgezogen. Der Rücktritt der neuen Mieter sei ihm nicht anzulasten. Er habe diese lediglich darau...