Rz. 509

Gemäß § 1374 Abs. 2 BGB wird Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder Ausstattung erwirbt, seinem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Der Sinn dieser Regelung besteht darin, solche Vermögensbestandteile einer Ausgleichspflicht zu entziehen, die in keinem Zusammenhang mit der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft stehen, sondern einem Ehegatten von dritter Seite aufgrund persönlicher Beziehungen zu dem Zuwendenden oder aufgrund ähnlicher Umstände zufließen, an denen der andere Ehegatte keinen Anteil hat.[713]

 

Rz. 510

Auch bei privilegierten Erwerben nach § 1374 Abs. 2 BGB handelt es sich lediglich um Rechnungsposten. Der ihn verkörpernde Vermögensgegenstand verliert nach der Zuwendung grundsätzlich seine rechtliche Bedeutung.[714] Daher kommt es weder auf Wertveränderungen noch auf hieraus erzielte Gewinne oder Verluste an.[715] Entsprechend der Vorschrift des § 1374 Abs. 3 BGB kann nunmehr auch der privilegierte Erwerb negativ sein.

 

Rz. 511

Maßgebend für die Wertberechnung des privilegierten Erwerbes ist nach § 1376 Abs. 1 BGB der Zeitpunkt des Erwerbs. Spätere Wertsteigerungen bleiben außer Betracht.[716] Danach werden die privilegierten Erwerbe nicht ganz vom Zugewinnausgleich ausgenommen, denn der andere Ehegatte partizipiert an den Wertsteigerungen der privilegiert erworbenen Vermögensgegenstände. Hiergegen wendet ein Teil der Literatur ein, dass ein Wertzuwachs von Vermögensgegenständen, der nicht auf der allgemeinen Geldentwertung beruht und auch ohne Mitwirkung des Ehepartners entstanden ist, als Zugewinn zu behandeln, gegen den Grundgedanken und die Systematik des Zugewinnausgleichs verstoße.[717]

Nach geltendem Recht sind aber "echte", d.h. nicht auf Geldentwertung beruhende Wertsteigerungen von Gegenständen des Anfangsvermögens als Zugewinn zu behandeln, auch wenn sie ohne Zutun der Ehegatten entstanden sind, z.B. durch die allgemeine Steigerung der Grundstückspreise.[718] Es ist daher gängige Praxis, solche Wertsteigerungen durch ehevertragliche Vereinbarungen auszuschließen.[719]

 

Rz. 512

Auch der privilegierte Erwerb muss auf den Zeitpunkt des Erwerbs indexiert werden (siehe hierzu Rn 530). Aufgrund der insoweit unterschiedlichen Zeitpunkte für die Ausklammerung des Kaufkraftschwundes müssen sowohl die Vermögenswerte nach § 1374 Abs. 1 BGB und § 1374 Abs. 2 BGB, als auch die Werte verschiedener Erwerbsvorgänge nach § 1374 Abs. 2 zunächst getrennt ermittelt werden, und dann zur Berechnung des Zugewinns zusammengerechnet dem Endvermögen gegenübergestellt werden.[720] Ferner ist aufgrund der geltenden Gesetzeslage, wonach sowohl das Anfangsvermögen, als auch die privilegierten Erwerbe gemäß § 1374 Abs. 3 BGB negativ sein können, ein negatives Anfangsvermögen mit positivem Hinzuerwerb zu verrechnen und umgekehrt ein positives Anfangsvermögen mit negativem Hinzuerwerb.[721]

 

Rz. 513

Die Vorschrift des § 1374 Abs. 2 BGB nennt die folgenden Hinzurechnungstatbestände, die abschließend sind und darüber hinaus auch für eheneutrale Erwerbstatbestände wie beispielsweise Lottogewinn oder Schmerzensgeld keine analoge Anwendung zulassen:[722]

[714] Palandt/Brudermüller, § 1374 Rn 7.
[717] Battes, Echte Wertsteigerungen im Zugewinnausgleich – Ein Beitrag zur Reform des gesetzlichen Güterrechts -, FamRZ 2007, 312.
[718] Haußleiter/Schulz, Kap. 1 Rn 30.
[719] Battes, FamRZ 2007, 312.
[720] Palandt/Brudermüller, § 1374 Rn 9.
[721] Palandt/Brudermüller, § 1374 Rn 9.

aa) Erwerb von Todes wegen

 

Rz. 514

Zum "Erwerb von Todes wegen" gemäß § 1374 Abs. 2 BGB gehört, was ein Ehegatte aufgrund gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge, durch Vermächtnis oder Pflichtteilsanspruch erwirbt.[723] Dabei muss der Erwerbsvorgang nicht im Erwerb selbst bestehen, sondern kann auch in der Befreiung von einer Verbindlichkeit liegen, wenn ein Ehegatte seinen Gläubiger beerbt.[724] Ferner muss sich der Erwerb auch nicht über einen Nachlass vollziehen, sondern zum privilegierten Erwerb von Todes wegen nach § 1374 Abs. 2 BGB zählen auch Abfindungen für einen Verzicht auf ein angefallenes oder auch künftiges Erbrecht, für einen Pflichtteil, einen Erbersatzanspruch, sowie Abfindungen für die Ausschlagung eines Vermächtnisses.[725] Auch das aufgrund eines Vergleichs in einem Erbschaftsstreit Erworbene gehört dazu.[726]

 

Rz. 515

Hingegen nicht von Todes wegen nach § 1374 Abs. 2 BGB erworben ist der Restitutionsanspruch nach Vermögensgesetz, da er nicht als Abfindung für ein bestehendes Erbrecht geleistet wird.[727] Dies gilt auch für den Erben des enteigneten Eigentümers.[728] Ein dem § 1374 Abs. 2 ...

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