Rz. 42

Soweit der Anwalt nach der Liquidation gegenüber der Staatskasse noch Zahlungen erhält, muss er diese nach § 55 Abs. 5, 2. Hs. RVG der Staatskasse mitteilen. Das gilt in beiden Fällen, in denen anzurechnen ist. Erhält der Anwalt danach mehr als die anrechnungsfreien Beträge, muss er den Mehrbetrag zurückzahlen.

 

Beispiel 26: Rückzahlung an die Staatskasse (I)

Der Beschuldigte beauftragt den Anwalt nach Anklageerhebung mit seiner Verteidigung vor dem AG und zahlt auf die Gebühren einen Vorschuss in Höhe von 300,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer. Anschließend wird der Anwalt als Pflichtverteidiger bestellt. Es findet ein Hauptverhandlungstermin statt. Nach Auszahlung der Pflichtverteidigervergütung erhält der Anwalt nochmals 200,00 EUR.

Von den erhaltenen Vorschüssen und Zahlungen ist wiederum das Doppelte der Pflichtverteidigergebühren anrechnungsfrei. Nur der darüber hinaus gehende Betrag ist anzurechnen bzw. zurückzuzahlen.

 
I. Gebühren aus der Staatskasse
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   176,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV   145,00 EUR
3. Terminsgebühr, Nr. 4108 VV   242,00 EUR
Gesamt   563,00 EUR
II. Das Doppelte des aus der Staatskasse zu zahlenden Betrages
  2 x 563,00 EUR   1.126,00 EUR
III. Anrechnungsfrei
1. Doppelte Gebühren   1.126,00 EUR
2. Einfache Gebühren   – 563,00 EUR
Gesamt   563,00 EUR
IV. Anzurechnender Betrag
1. Vorschuss   300,00 EUR
2. Nachzahlung   200,00 EUR
3. anrechnungsfrei   – 563,00 EUR
Gesamt   0,00 EUR
V. Vergütung aus der Staatskasse
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   176,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV   145,00 EUR
3. Terminsgebühr, Nr. 4108 VV   242,00 EUR
4. anzurechnen gem. § 58 Abs. 3 RVG   – 0,00 EUR
  Zwischensumme Gebühren 563,00 EUR  
5. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 583,00 EUR  
6. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   110,77 EUR
Gesamt   693,77 EUR
VI. Kontrolle
1. Vorschuss   300,00 EUR
2. Nachzahlung   200,00 EUR
3. Zahlung Staatskasse auf Gebühren (netto)   563,00 EUR
Gesamt   1.063,00 EUR

Eine Anrechnung der für das vorbereitende Verfahren gezahlten 200,00 EUR kommt daher nicht in Betracht. Im Gegenteil wären sogar noch weitere Zahlungen in Höhe von (563,00 EUR – 500,00 EUR =) 63,00 EUR anrechnungsfrei.

 

Rz. 43

 

Beispiel 27: Rückzahlung an die Staatskasse (II)

Wie vorangegangenes Beispiel 26; jedoch erhält der Verteidiger nach Abschluss des Verfahrens keine weitere 200,00 EUR, sondern weitere 300,00 EUR.

Jetzt liegt die Summe von Vorschuss und Zahlung über den Pflichtverteidigergebühren, sodass anzurechnen und zurückzuzahlen ist.

 
I. Gebühren aus der Staatskasse
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   176,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV   145,00 EUR
3. Terminsgebühr, Nr. 4108 VV   242,00 EUR
Gesamt   563,00 EUR
II. Das Doppelte des aus der Staatskasse zu zahlenden Betrages
  2 x 563,00 EUR   1.126,00 EUR
III. Anrechnungsfrei
1. Doppelte Gebühren   1.126,00 EUR
2. Einfache Gebühren   – 563,00 EUR
Gesamt   563,00 EUR
IV. Anzurechnender Betrag
1. Vorschuss   300,00 EUR
2. Nachzahlung   300,00 EUR
3. anrechnungsfrei   – 563,00 EUR
Gesamt   37,00 EUR
V. Vergütung aus der Staatskasse
1. Grundgebühr, Nr. 4100 VV   176,00 EUR
2. Verfahrensgebühr, Nr. 4106 VV   145,00 EUR
3. Terminsgebühr, Nr. 4108 VV   242,00 EUR
4. anzurechnen gem. § 58 Abs. 3 RVG   – 37,00 EUR
5. aus der Landeskasse bereits gezahlt   – 563,00 EUR
  Zwischensumme Gebühren – 37,00 EUR  
6. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme – 17,00 EUR  
7. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   – 3,23 EUR
Gesamt   – 20,23 EUR
     
VI. Kontrolle
1. Vorschuss   300,00 EUR
2. Nachzahlung   300,00 EUR
3. Zahlung Staatskasse auf Gebühren (netto)   563,00 EUR
4. Rückzahlung an Staatskasse auf Gebühren (netto)   – 37,00 EUR
Gesamt   1.126,00 EUR
 

Rz. 44

Die Pflicht zur Mitteilung und nachträglicher Anrechnung gilt auch dann, wenn die nachträgliche Zahlung lediglich dazu führt, dass die Höchstgebühr des Wahlanwalts überschritten wird, ohne dass das Doppelte der Pflichtverteidigervergütung erreicht wird. Auch in diesem Fall muss der Anwalt die nachträgliche Zahlung der Landeskasse unverzüglich mitteilen (§ 55 Abs. 5 S. 4 RVG). Diese führt dann wiederum eine Neuberechnung durch, aufgrund derer der Anwalt den Überschuss an die Landeskasse zurückzahlen muss.

 

Beispiel 28: Rückzahlungspflicht auch bei Erreichen der Wahlanwaltsvergütung

Wie Beispiel 27; jedoch werden die 300,00 EUR erst gezahlt, nachdem der Verteidiger mit der Landeskasse bereits abgerechnet hat.

Jetzt führt die Anrechnung dazu, dass der Anwalt 37,00 EUR an die Landeskasse zurückzahlen muss.

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