Rz. 11

Über ein vom Erblasser angeordnetes Vermächtnis können seine gesetzlichen Erben nicht ohne seine Mitwirkung Vereinbarungen zu seinen Lebzeiten treffen.

Dazu BGH:[6]

Zitat

"Setzen Ehegatten gemäß § 2269 BGB eines ihrer Kinder für den gesamten Nachlaß als Erben des überlebenden Ehegatten ein und ordnen sie zur Abfindung ihrer anderen Kinder Vermächtnisse an, so ist ein Vertrag, durch den die Kinder – zu Lebzeiten des Überlebenden – die Abfindung anderweit regeln, nichtig."

 

Rz. 12

Das Erbschaftsvertragsverbot betrifft Vermächtnisse, die – selbstredend – durch Verfügung von Todes wegen angeordnet sind (sonst wären es keine Vermächtnisse).

Deshalb im vorliegenden Fall der BGH weiter:

Zitat

Die Ausnahmevorschrift des § 312 Abs. 2 [jetzt § 311b Abs. 5] BGB ist nicht anwendbar. Hiernach finden die Vorschriften des § 312 Abs. 1 [jetzt § 311b Abs. 4] BGB keine Anwendung auf einen – gerichtlich oder notariell beurkundeten – Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über den gesetzlichen Erbteil oder über den Pflichtteil eines von ihnen geschlossen wird. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. … Der Vertrag v. … ist jedoch nicht "über den gesetzlichen Erbteil oder den Pflichtteil" der Kl., sondern u.a. über "die im Testament v. … vorgesehenen Leistungen" geschlossen worden. Diese sind nach den getroffenen Feststellungen Vermächtnisse. Auf solche Vermächtnisse kann § 312 Abs. 2 BGB [jetzt § 311b Abs. 5] weder seinem Wortlaut noch seinem Sinne nach ausgedehnt werden. Als Ausnahmevorschrift ist die Bestimmung eng auszulegen. Der Wortlaut spricht vor allem deshalb für die Ansicht der Kl., weil in § 312 Abs. 1 Satz 2 BGB [jetzt § 311b Abs. 4] vom Vertrage "über den Pflichtteil oder ein Vermächtnis" die Rede ist, während § 312 Abs. 2 BGB [jetzt § 311b Abs. 5] zwar den "Vertrag … über den Pflichtteil", jedoch nicht denjenigen über ein Vermächtnis anführt.… Der Gesetzgeber hat aber die Grenzen, innerhalb derer solche Abfindungsverträge zu Lebzeiten des Erblassers ausnahmsweise zulässig sein sollten, in § 312 Abs. 2 BGB [jetzt § 311b Abs. 5] in ganz bestimmter Weise festgelegt und den Vertrag über ein Vermächtnis darin nicht aufgeführt.

Etwas anderes läßt sich auch nicht daraus ableiten, daß Pflichtteil und Vermächtnis in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen können. Der Pflichtteilsberechtigte, der mit einem Vermächtnisse bedacht ist, kann zwar den Pflichtteil verlangen, wenn er das Vermächtnis ausschlägt. Schlägt er nicht aus, so steht ihm kein Recht auf den Pflichtteil zu, soweit der Wert des Vermächtnisses reicht (§ 2307 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Halbs. 1). Die Erklärung, daß das Vermächtnis ausgeschlagen werde, kann aber erst nach dem Eintritte des Erbfalles abgegeben werden (§ 2180 Abs. 2 BGB). In dem Vertrage v. … konnte daher aus Rechtsgründen keine stillschweigende Ausschlagung des künftigen Vermächtnisses und daher auch keine Regelung über den Pflichtteil liegen. Eine bloße Verpflichtung, das Vermächtnis beim Tode der Mutter auszuschlagen, wäre aber gerade nach § 312 Abs. 1 BGB [jetzt § 311b Abs. 4] nichtig gewesen.“

[6] BGH NJW 1956, 1151.

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