Rz. 33

Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, so wird eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV in aller Regel nicht in Betracht kommen, da nach Wertgebühren abzurechnen ist und es in Familiensachen an der erforderlichen gemeinschaftlichen Beteiligung fehlt, die für eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV erforderlich ist (zur Gebührenerhöhung bei der Festgebühr der Beratungshilfe siehe § 16 Rdn 40 ff.). Insbesondere dann, wenn der Anwalt Frau und Kinder in einer Unterhaltssache vertritt, fehlt es am gemeinschaftlichen Gegenstand. Das gilt auch bei scheinbar gleich lautenden Auskunftsansprüchen.[15]

 

Beispiel 29: Vertretung von Ehefrau und Kindern, nachehelicher Unterhalt

Die rechtskräftig geschiedene Ehefrau beauftragt den Anwalt, wegen nachehelicher Unterhaltsansprüche sowie wegen Kindesunterhalts für ihre beiden Kinder außergerichtlich Auskunft vom geschiedenen Ehemann zu verlangen. Der Wert des Auskunftsanspruchs beträgt 1.000,00 EUR.

Es liegen unterschiedliche Gegenstände vor, da jeder Unterhaltsanspruch einen eigenen Gegenstand darstellt und folglich auch der dazugehörige Auskunftsanspruch. Eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV tritt daher nicht ein. Allerdings sind die Werte der drei Auskunftsansprüche nach § 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu addieren, so dass nach einem Gegenstandswert von 3.000,00 EUR abzurechnen ist.[16] Ausgehend von der Mittelgebühr ist wie folgt abzurechnen:

 
1. 1,5-Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV   301,50 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 321,50 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   61,09 EUR
Gesamt   382,59 EUR
 

Rz. 34

Ausnahmsweise kommt eine Erhöhung in Betracht, wenn der Anwalt beide Elternteile hinsichtlich des Sorgerechts vertritt.[17]

 

Beispiel 30: Vertretung beide Elternteile, Sorgerecht

Das Jugendamt beantragt, den Eltern die elterliche Sorge zu entziehen. Beide Eltern lassen sich durch einen gemeinsamen Anwalt vertreten.

Jetzt liegt derselbe Gegenstand zugrunde.[18] Ausgehend von dem Regelwert des § 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG (§ 23 Abs. 1 S. 3, 1 RVG) und des Ansatzes der Mittelgebühr ist wie folgt abzurechnen:

 
1. 1,8-Geschäftsgebühr, Nrn. 2300, 1008 VV   361,80 EUR
  (Wert: 3.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 381,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   72,54 EUR
Gesamt   454,34 EUR
 

Rz. 35

Soweit der Zugewinn gem. § 1371 Abs. 1 und 2 BGB gegen die Erben geltend gemacht wird, erhält der Anwalt, der mehrere Erben vertritt, die Gebührenerhöhung nach Nr. 1008 VV.

 

Beispiel 31: Zugewinnverfahren, Vertretung einer Erbengemeinschaft

Nach dem Tode des Ehemannes macht die Ehefrau den sog. "kleinen Pflichtteil" geltend. Sie schlägt ihr Erbe aus und verlangt einerseits von den drei Kindern des Erblassers ihren Pflichtteil und macht andererseits außergerichtlich Zugewinnausgleich in Höhe von 150.000,00 EUR geltend.

Der Anwalt, der die Erben hinsichtlich des Zugewinns vertritt, erhält jetzt eine um 0,6 erhöhte Geschäftsgebühr, da er drei Auftraggeber vertritt. Ausgehend von der Mittelgebühr ist wie folgt zu rechnen:

 
1. 2,1-Geschäftsgebühr, Nrn. 2300, 1008 VV   3.691,80 EUR
  (Wert: 150.000,00 EUR)    
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 3.711,80 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   705,24 EUR
Gesamt   4.417,04 EUR
[15] OLG Frankfurt MDR 2002, 236 = JurBüro 2002, 139; AnwK-RVG/Volpert, Nr. 1008 VV Rn 23 ff.; Hansens/Braun/Schneider, Vergütungsrecht, Teil 10 Rn 22.
[16] Hansens/Braun/Schneider, Vergütungsrecht, Teil 10 Rn 22.
[17] OLG Karlsruhe AGS 2007, 522 = OLGR 2008, 44; N. Schneider, Gebühren in Familiensachen, Rn 758.
[18] OLG Karlsruhe AGS 2007, 522 = OLGR 2008, 44.

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