Rz. 65
Nach Vorlage der (vollständigen und mangelfreien)[142] Unterlagen gemäß § 650p Abs. 2 BGB[143] (vorstehende Rdn 27 ff. – d.h. der vollständigen Vorlage der [mangelfreien oder objektiv mangelhaften][144] Planungsgrundlage und der Kostenschätzung zur Zustimmung, mit Abschluss der Zielfindungsphase) kann der Besteller – unabhängig davon, ob er Verbraucher (§ 13 BGB) oder Unternehmer (§ 14 BGB) ist[145] (vorstehende Rdn 64) – nach § 650r Abs. 1 S. 1 BGB den Vertrag ohne Angabe von Gründen[146] (schriftlich, vgl. § 650h BGB) kündigen.[147] Dadurch erfährt das Kündigungsrecht des Bestellers eine Aufwertung.[148] Die Norm zielt darauf ab, den Besteller vor den Folgen eines übereilt (d.h. in Unkenntnis von Aufwand und Realisierbarkeit des Bauvorhabens) abgeschlossenen Architekten- und Ingenieurvertrags zu schützen[149] (Übereilungsschutz).
Rz. 66
Das Kündigungsrecht findet seine Grenze nur im Falle eines Rechtsmissbrauchs, der Willkür oder Treuwidrigkeit – weshalb der Besteller selbst dann kündigen kann, "wenn sich die vom Unternehmer vorgeschlagene Planung mit (seinen) ursprünglichen Vorstellungen … deckt".[150]
Rz. 67
Eine Teilkündigung soll (angesichts des Zwecks der Norm, vorstehende Rdn 62) nicht zulässig sein.[151]
Rz. 68
Beachte:
Dammert[152] weist darauf hin, dass der Besteller die Ausübung seines Sonderkündigungsrechts zwar nicht begründen muss – im Falle mangelhafter Unterlagen würde er dadurch aber konkludent die Mangelfreiheit der vorgelegten Unterlagen erklären, weshalb ihn dann die Vergütungspflicht nach § 650r Abs. 3 BGB vollumfänglich treffen würde: "Sind die übergebenen Unterlagen unvollständig oder mangelhaft, sollte daher vom Sonderkündigungsrecht nach § 650r Abs. 1 BGB kein Gebrauch gemacht werden."[153] Vielmehr sollte der Besteller in einem solchen Fall, da die Vorlage Hauptpflicht des Unternehmers ist, den Weg über eine angemessene Nachfristsetzung (Möglichkeit eines Rücktritts nach § 323 BGB bzw. der Kündigung aus "wichtigem Grund" gemäß § 648a BGB) gehen oder nach Beauftragung eines anderen Architekten die entstanden Mehrkosten im Wege eines Schadensersatzanspruchs (Schadensersatz statt der Leistung – §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB bzw. Geltendmachung des Verzugsschadens gemäß § 280 Abs. 2 i.V.m. § 286 BGB) für sich reklamieren.[154]
Rz. 69
Der Besteller "wird durch das Sonderkündigungsrecht so gestellt, als hätte er lediglich einen Vertrag über die Erstellung einer Planungsgrundlage und Kosteneinschätzung geschlossen".[155]Dammert[156] weist im Übrigen darauf hin, dass die Regelung auch eine adäquate Rechtsfolgenregelung in Bezug auf § 650p BGB für den Fall sei, dass Besteller und Unternehmer sich nicht über die wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele – insbesondere nicht über die Kosten der Umsetzung – einigen können: "Würde hieran keine spürbare Rechtsfolge geknüpft, wäre die Regelung des § 650p Abs. 2 BGB lediglich ein “Papiertiger’."[157]
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