Rz. 27

Soweit wesentliche Planungs- und Überwachungsziele[55] noch nicht vereinbart sind (die Vertragsparteien sich also noch in der Zielfindungsphase befinden),[56] hat der Unternehmer gemäß § 650p Abs. 2 S. 1 BGB zunächst (entsprechend den Umständen des konkret in Rede stehenden Einzelfalles und abhängig von den Zielvorstellungen des Bestellers)[57] eine Planungsgrundlage zur Ermittlung dieser Ziele (d.h. der wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele) zu erstellen (Ermittlung dieser Ziele als Vorbereitung der ­eigentlichen Planung). Der Unternehmer hat dem Besteller die Planungsgrundlage (zusammen mit einer Kosteneinschätzung,[58] vgl. § 650p Abs. 2 S. 2 BGB [nachstehende Rdn 32]) für das Vorhaben zur "Zustimmung"[59] vorzulegen.[60]

 

Rz. 28

Dabei geht es um die "Planung der Planung"[61] (Grundlagenermittlung und Vorplanung)[62] als Hauptpflicht des Unternehmers in der Zielfindungsphase. Geschuldet werden Zielfindungsleistungen.[63] Planungsleistungen schuldet der Unternehmer in diesem Vertragsstadium hingegen noch nicht[64] (sondern erst in der Leistungsphase, § 650p Abs. 1 BGB).

 

Rz. 29

 

Beachte:

Sind im Ausgangsvertrag allerdings bereits schon alle wesentlichen Ziele[65] enthalten, fällt diese Phase weg.[66]

 

Rz. 30

§ 650p Abs. 2 BGB trägt Fällen Rechnung, in denen sich ein Besteller an einen Architekten oder Ingenieur wendet, aber wegen noch vager Vorstellungen des zu planenden Bauvorhabens oder der Außenanlage seinerseits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch keine Einigung über alle wesentlichen Planungs- und Überwachungsziele (bspw. Lage und Größe, äußere Gestalt, grundlegende Konstruktion oder Größenordnung der Kosten)[67] vorliegt (z.B. weil der Zweck des zu planenden Gebäudes zwar feststeht, aber noch nicht die Geschosszahl, die Art des Daches bzw. vergleichbare – für die Planung bedeutsame – andere Fragen beantwortet sind).[68] In entsprechenden Konstellationen soll der Architekt oder Ingenieur die Vorstellungen des Bestellers erfragen (d.h. dessen Wünsche, Vorstellungen oder Anforderungen eruieren) – und unter Berücksichtigung dieser Vorstellungen eine "Planungsgrundlage" (als vom Gesetzgeber bewusst gewählte Begrifflichkeit zur Verdeutlichung, "dass es noch nicht um die eigentliche Planung geht")[69] der noch offenen Planungs- und Überwachungsziele erstellen[70]  – nach Maßgabe der konkreten Umstände (und der zur Verfügung stehenden Finanzierungsmittel).[71] Geschuldet ist in dieser ersten Phase also die "Grundlage", bspw. eine erste Skizze oder Beschreibung des noch zu planenden Vorhabens (i.S. eines Vorschlags oder mehrerer Vorschläge),[72] auf der dann später die eigentliche Planung aufgebaut werden kann.[73]

 

Rz. 31

Kritik an § 650p Abs. 2 BGB äußern Schwenker/Rodemann:[74] Die der Regelung zugrundeliegenden gesetzgeberischen Vorstellungen entsprächen nicht der Wirklichkeit, da der Fall, dass ein künftiger Bauherr gar keine Vorstellungen zu den Anforderungen des zu planenden Bauwerks (d.h. den Leistungszielen) habe, kaum vorstellbar sei – selbst wenn diese (d.h. die Vorstellungen des Bauherrn im Augenblick noch) eher bedarfs- und weniger bauwerksbezogen seien: "Eines Vertrages nach § 650p II bedarf es somit nicht."[75]

 

Rz. 32

Zugleich muss der Unternehmer (als weiterer Bestandteil seiner Leistungspflichten in der Zielfindungsphase) dem Besteller die Planungsgrundlage zusammen mit einer Kosteneinschätzung für das Vorhaben zur Zustimmung[76] vorlegen (so § 650p Abs. 2 S. 2 BGB – Erstellen einer Kosteinschätzung). Diese (gesetzlich nicht definierte) "Kostenschätzung" soll dem Besteller eine grobe Einschätzung der zu erwartenden Kosten für seine Finanzierungsplanung ermöglichen[77]  – weshalb es sich nicht um eine Kostenschätzung nach DIN 276 handelt.[78]

 

Rz. 33

 

Beachte:

Da es sich bei der Kosteneinschätzung in der Zielfindungsphase um eine Hauptpflicht des Unternehmers handelt, begründet ihre mangelhafte Erstellung eine Pflichtverletzung (pflichtwidrige Fehleinschätzung) – wobei umstritten ist, ob als Rechtsfolge ein Schadensersatzanspruch des Bestellers aus den

allgemeinen Vorgaben der §§ 280 ff. BGB oder
über die Verweisvorschrift des § 650q Abs. 1 BGB nach Mängelgewährleistungsrecht (§ 634 BGB)

herleitbar ist.[79]Dammert[80] plädiert – unter Bezugnahme auf eine aktuelle Entscheidung des BGH[81]  – dafür, darauf abzustellen, ob es bereits zu einer Abnahme des Werks gekommen ist, was dann die Anwendbarkeit der §§ 634 ff. BGB begründen würde.

 

Rz. 34

 

Beachte zudem:

Stellt sich die Mangelhaftigkeit der Kosteneinschätzung[82] schon vor der Zustimmung des Bestellers heraus, muss die Streitfrage (vorstehende Rdn 33) nicht beantwortet werden. Da es an einer Abnahme fehlt, gelangt hier das allgemeine Leistungsstörungsrecht (mithin die §§ 280 ff. BGB) zur Anwendung:[83] D.h.

entweder angemessene Fristsetzung zur Mangelbeseitigung und – nach fruchtlosem Verstreichenlassen – Rücktritt vom Vertrag gemäß § 323 BGB, und alsdann Schadensersatz statt der Leistung nach den §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 BGB,[84] oder

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