I. Allgemeines

 

Rz. 17

Schon vor Inkrafttreten des BeschFG 1985 hat das BAG festgehalten, dass eine einseitige Leistungsbestimmung des Arbeitgebers gem. § 315 BGB in Bezug auf die Dauer der Arbeitszeit nicht wirksam ist.[6] Die Dauer der Arbeitszeit gehört – mit Ausnahme der Möglichkeit, Überstunden anzuordnen – zu den essentialia negotii des Arbeitsvertrages. Die Lage der Arbeitszeit unterliegt dagegen dem Direktionsrecht des Arbeitgebers, und zwar in den gleichen Grenzen wie dies bei Vollzeitkräften der Fall ist, § 106 GewO.

 

Rz. 18

Eine flexible und dem Direktionsrecht vorbehaltene Verteilung der Arbeitszeit auf die Wochentage kommt nur dann in Betracht, wenn im Arbeitsvertrag keine Regelung dar­über enthalten ist, an welchen Tagen zu arbeiten ist. Haben Arbeitnehmer und Arbeitgeber vereinbart, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat, so liegt der Sonderfall der Arbeit auf Abruf vor (vgl. Rdn 21).

 

Rz. 19

Arbeit auf Abruf kann sowohl das gesamte zu leistende Arbeitsvolumen betreffen als auch nur einen über die vertragliche Mindestarbeitszeit hinaus zu leistenden Abrufanteil. Die früher streitige Frage, ob über die festgelegte Zeit hinaus Arbeit abgerufen werden kann, hatte das BAG bereits 2005 zu entscheiden. Die durch das BAG festgelegten Maximalgrenzen[7] sind zum 1.1.2018 durch Einfügung eines neuen Abs. 2 Gesetz geworden: Danach gilt, ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Mindestarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 25 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich abrufen. Ist für die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit nach Absatz 1 Satz 2 eine Höchstarbeitszeit vereinbart, darf der Arbeitgeber nur bis zu 20 Prozent der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abrufen (zu den weiteren Anforderungen an eine Bandbreitenregelung vgl. Rdn 27 ff.).

 

Rz. 20

Ist die Erbringung der Arbeitsleistung einerseits nicht auf bestimmte Tage fixiert, andererseits aber auch nicht von dem Abruf durch den Arbeitgeber abhängig, so kann die Lage der Arbeitszeit durch einseitige Bestimmung durch den Arbeitgeber i.R.d. § 315 BGB festgelegt werden. Eine solche Regelung muss, um dem Maßstab der Billigkeit zu genügen, stets auch die Arbeitnehmerinteressen berücksichtigen. Ausgangspunkt der Festlegung muss eine generelle Arbeitszeitregelung sein. Legt der Arbeitgeber hingegen die Tage, an denen Arbeit zu leisten ist, stets neu fest, so handelt es sich um Arbeit auf Abruf nach den Regelungen des § 12 TzBfG. Zudem erwächst durch eine einseitige Festlegung durch den Arbeitgeber ein Vertrauen auf Seiten des Arbeitnehmers. Eine Änderung der einseitigen Festlegung ist zwar kraft Direktionsrechts jederzeit möglich; ob eine solche Änderung dann aber dem Prüfungsmaßstab des § 315 BGB oder dem des § 12 TzBfG unterfällt, ist eine Frage des Einzelfalls.

II. Arbeit auf Abruf

 

Rz. 21

Ein Sonderfall der einseitigen Festlegung der Lage der Arbeitszeit ist die Arbeit auf Abruf nach § 12 TzBfG. Eine solche liegt vor, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart haben, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (§ 12 Abs. 1 S. 1 TzBfG). Arbeitsverträge, die Arbeit auf Abruf vorsehen, ermöglichen dem Arbeitgeber eine flexible Anpassung der Arbeitszeiten an seine betrieblichen Bedürfnisse. Allerdings ist durch § 12 TzBfG das Maß der Flexibilisierung eingeschränkt.

1. Rahmenvereinbarung

 

Rz. 22

Zunächst muss eine bestimmte Dauer der wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit im ­Voraus festgelegt sein. Eine schriftliche Festlegung ist allerdings nicht erforderlich. Fehlt eine solche Festlegung, dann tritt die Vermutungsregeln des § 12 Abs. 1 TzBfG in Kraft, und es gilt eine Arbeitszeit von zwanzig Wochenstunden als vereinbart.[8] Leistet der Arbeitnehmer allerdings in der tatsächlichen Abwicklung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig mehr als zwanzig Wochenstunden, so kann eine über die zehn Stunden hinausgehende konkludente Festlegung des Arbeitsdeputats vorliegen. § 12 TzBfG soll den Arbeitnehmer schützen und nicht zu einer Sanktion im Falle des Fehlens einer Vereinbarung zu Lasten des Arbeitnehmers führen.

 

Rz. 23

 

Hinweis

Es empfiehlt sich, eine entsprechende Rahmenvereinbarung mit den Arbeitnehmern zu treffen.

 

Rz. 24

Die Festlegung einer wöchentlichen und täglichen Arbeitszeit im Rahmen einer Vereinbarung zur Arbeit auf Abruf begründet keine Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, sondern lediglich eine Pflicht zur Entgeltzahlung für die festgelegten Zeiträume. Ruft der Arbeitgeber die Arbeit im Rahmen der Festlegung nicht ab, so schuldet er gleichwohl die Zahlung des Entgelts. Da die Arbeitsleistung hingegen eine Fixleistung bezogen auf die Arbeitswoche ist, entfällt die Leistungspflicht des Arbeitnehmers nach Ablauf der Woche.

[8] Vgl. BAG v. 24.9.2014 – 5 AZR 1024/12, BAGE 149, 138 zur alten Rechtslage (10 Stunden).

2. Inhalt der Vereinbarung/Bandbreitenregelung

 

Rz. 25

Der Inhalt der Vereinbarung ist nicht durch die ...

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