A. Allgemeines

 

Rz. 1

Mit Rechtskraft der Entziehung der Fahrerlaubnis erlischt diese und der Führerschein wird eingezogen.

Neben der Entscheidung zum Entzug der Fahrerlaubnis, muss das Urteil auch eine Frist enthalten, innerhalb derer die Fahrerlaubnisbehörde angewiesen wird, dem Täter keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen (Sperrzeit). Die Frist ist – wie ausgeführt – ausschließlich nach der voraussichtlichen Dauer der Nichteignung zu bestimmen.[1] Es handelt sich um eine isolierte Sperre, die gefahrenabwehrenden Charakter hat. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob diese Sanktion für den Täter spürbar ist oder nicht.[2]

Die Teilnahme an einer Nachschulung kann für die Dauer der Sperrzeit von Bedeutung sein.[3] Negativ können sich bei der Bemessung der Dauer freilich verkehrsrechtliche Vorverurteilungen auswirken. Demgegenüber spielen allgemeine Strafzumessungsregeln keine Rolle.

 

Rz. 2

Selbst unter Berücksichtigung dieser Umstände steht dem Tatrichter ein durchaus umfangreicher Ermessensspielraum zur Dauer der Sperrzeit zu, obgleich er im Falle der langfristigen Anordnung einer Sperrzeit umfangreich zu begründen hat. Unabhängig davon ist aber zu erkennen, dass sich in der Praxis in den Bereichen der Staatsanwaltschaft verschiedentlich eigene Praxen zur Dauer der Sperrzeit herausgebildet haben.[4] So kann der Verteidiger seinen Mandanten durchaus auf das vorbereiten, was ihn möglicherweise erwartet.

 

Rz. 3

Muster 31.1: Schreiben an Mandanten zur Sperrzeit

 

Muster 31.1: Schreiben an Mandanten zur Sperrzeit

Sehr geehrter Herr _________________________,

für die Mandatierung und das in mich gesetzte Vertrauen darf ich mich bei Ihnen bedanken.

Mit beigefügtem Schreiben habe ich die Staatsanwaltschaft _________________________ angeschrieben, angezeigt, dass ich Sie verteidige, um Akteneinsicht gebeten und darauf hingewiesen, dass Sie zunächst von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen.

Vorgeworfen wird Ihnen eine Trunkenheitsfahrt. Unabhängig von der Frage, ob der Vorwurf zutreffend ist, baten Sie um Rückmeldung dazu, wie lange Ihnen die Fahrerlaubnis entzogen wird ("Sperre").

Grundsätzlich stellt die Trunkenheitsfahrt eine sogenannte Katalogtat dar, bei der die Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrtzeugs im Straßenverkehr (widerleglich) vermutet wird. D.h., im Falle der Verurteilung würde Ihnen die Fahrerlaubnis entzogen und das Gericht würde eine Sperrzeit anordnen, innerhalb derer die Fahrerlaubnisbehörde Ihnen keine neue Fahrerlaubnis erteilen darf.

Die Dauer dieser Sperrzeit richtet sich danach, wie lange Sie als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs durch den Tatrichter angesehen werden. Die Beantwortung dieser Frage liegt im Ermessen des Gerichts. Es gibt im Bezirk der hier zuständigen Staatsanwaltschaft _________________________ aber interne Richtlinien hinsichtlich der Dauer der Sperrzeit. Bei sogenannten "Ersttätern" wird in der Regel eine Sperrzeit von 10–12 Monaten verhängt. Die Zeit, in der die Fahrerlaubnis bereits dauerhaft (vorläufig) entzogen war, wird angerechnet.

Lassen Sie uns zunächst die Gewährung der Akteneinsicht abwarten. Ich werde zeitnah auf Sie zukommen.

[1] BGH zfs 2003, 46; BGH NStZ 1991, 183.
[3] OLG Köln zfs 1981, 95.
[4] Gebhardt, Verteidigung in Verkehrsstraf- und Ordnungswidrigkeitenverfahren, 8. Aufl., § 58 Rn 20.

B. Ausnahmen von der Sperre

 

Rz. 4

Grundsätzlich dienen die Fahrerlaubnisentziehung und die Sperre allein der Verkehrssicherheit. Dies bedeutet, dass persönliche und wirtschaftliche Folgen bei der Bemessung der Dauer keine Rolle spielen dürfen.[5] Allerdings können Nachteile zu einer Verkürzung der Sperrfrist führen bzw. bei der Bemessung Berücksichtigung finden, wenn zu erwarten ist, dass die Maßregel dem Täter eine besondere Warnung ist.[6] Vorliegen müssen ganz besondere Umstände.[7] Bei Wiederholungstätern gelten noch strengere Anforderungen, z.B. die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.[8]

 

Rz. 5

Die Mindestdauer der Sperrzeit beträgt sechs Monate. Eine Bindung an diese Frist besteht nur, wenn das Gericht den Täter im Zeitpunkt der Entscheidung noch für ungeeignet hält.[9] Die gem. § 69a Abs. 1 StGB bestimmte Höchstfrist der Sperrzeit beträgt fünf Jahre. Bei Wiederholungstätern innerhalb von drei Jahren ist vorgegeben, dass die Sperrfrist mindestens ein Jahr beträgt, sofern in diesem Zeitraum bereits eine Sperre angeordnet wurde, § 69a Abs. 3 StGB.

 

Rz. 6

Die Sperre beginnt dabei mit der Rechtskraft der Entscheidung. Gem. § 69a Abs. 5 S. 2 StGB ist die zwischen dem letzten tatrichterlichen Urteil und dessen Rechtskraft verstrichene Zeit einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis anzurechnen.

Bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 2 StGB hat der Tatrichter, wenn in der früheren Entscheidung eine Sperre gem. § 69a StGB bestimmt war und der Angeklagte wieder wegen einer Straftat verurteilt wird, die seine fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erneut belegt, eine neue einheitliche Sperre festzulegen, die die alte Sperre gegenstandslos macht. Eine Ad...

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