Rz. 153

Eine aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers ausgesprochene Kündigung ist unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie zur Beseitigung der eingetretenen Vertragsstörung nicht geeignet oder nicht erforderlich ist (BAG v. 21.11.2018 – 7 AZR 394/17, Rn 36). Wie bei jeder Kündigung ist auch vor dem Ausspruch krankheitsbedingter Kündigungen zunächst zu prüfen, ob die Kündigung durch andere, mildere Mittel vermieden werden kann. Eine Kündigung ist nicht durch Krankheit oder andere Gründe in der Person "bedingt", wenn es angemessene mildere Mittel zur Vermeidung oder Verringerung künftiger Fehlzeiten gibt (BAG v. 21.11.2018 – 7 AZR 394/17, Rn 36). Mildere Mittel können insbesondere die Umgestaltung des bisherigen Arbeitsbereichs oder die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf einem anderen – leidensgerechten – Arbeitsplatz sein (BAG v. 21.11.2018 – 7 AZR 394/17, Rn 36). Darüber hinaus kann sich aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit die Verpflichtung des Arbeitgebers ergeben, dem Arbeitnehmer vor einer Kündigung die Chance zu bieten, ggf. spezifische Behandlungsmaßnahmen zu ergreifen, um dadurch die Wahrscheinlichkeit künftiger Fehlzeiten auszuschließen (BAG v. 21.11.2018 – 7 AZR 394/17, Rn 36; BAG v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13, Rn 24).

 

Rz. 154

Dem Arbeitgeber ist es nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB (Verhinderung oder Herbeiführung des Bedingungseintritts) verwehrt, sich darauf zu berufen, im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestünden keine anderweitigen Beschäftigungsmöglichkeiten, wenn er einen freien, geeigneten Arbeitsplatz voreilig mit einem anderen Arbeitnehmer besetzt hat (Schaub/Linck, ArbRHB, § 131 Rn 33). Allerdings muss sich eine solche Weiterbeschäftigungsmöglichkeit dem Arbeitgeber aufdrängen. Nach der Rspr. des BAG stellt es eine Überforderung des Arbeitgebers dar, wenn er jederzeit vorsorglich die ständig wechselten Beschäftigungsmöglichkeiten in seinem Bereich mit den individuellen Einsatzmöglichkeiten erkrankter Arbeitnehmer abgleichen müsste (BAG v. 24.11.2005 – 2 AZR 514/04, NZA 2006, 665). Falls ein gleichwertiger Arbeitsplatz nicht zur Verfügung steht, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen freien, geringwertigeren Arbeitsplatz anbieten und ggf. eine Änderungskündigung aussprechen. Falls kein freier Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ist der Arbeitgeber nach Ansicht des BAG verpflichtet, die Möglichkeit eines Arbeitsplatztausches zu prüfen (vgl. Rdn 145).

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