Rz. 58

Verlobte sind gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1a StGB "Angehörige". Das hat für einige Straftatbestände rechtliche Folgen. So werden zum Beispiel Diebstahl (§ 242 StGB) und Untreue (§ 266 StGB) in dem Fall, in dem der Verletzte gleichzeitig Verlobter ist, nur auf Antrag verfolgt, § 247 StGB. Der Verlobte muss also, wurde er von seinem Partner bestohlen oder hat dieser ihm gegenüber den Straftatbestand der Untreue erfüllt, zunächst einen Strafantrag bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft stellen, bevor ein Strafverfahren gegen den anderen Verlobten eingeleitet wird. Eine Strafanzeige reicht nicht aus.

 

Rz. 59

Begeht der Verlobte zugunsten des anderen Verlobten Strafvereitelung, vereitelt also nach einer strafbaren Handlung durch ihn dessen Verurteilung, so erwartet ihn statt einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe gemäß § 258 Abs. 6 StGB Straffreiheit.

 

Rz. 60

Wurde einer der Verlobten durch eine vorsätzlich begangene Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) verletzt, und stirbt der verletzte Verlobte, bevor er einen Strafantrag stellen konnte, geht das Antragsrecht auf den anderen Verlobten über, § 230 StGB. Der überlebende Verlobte kann den Strafantrag des anderen stellen, obwohl er kein gesetzlicher Erbe des Verstorbenen und kein Ehegatte desselben ­geworden ist. Die Strafverfolgung des Täters wird dann trotz des Todes des Verletzten in Angriff ge­nommen.

 

Rz. 61

Das Verlöbnis wirkt sich noch auf folgende weitere Straftatbestände bzw. deren Strafzumessung aus: § 139 Abs. 3 StGB (Nichtanzeige geplanter Straftaten bei Angehörigen), § 157 Abs. 1 StGB (Aussagenotstand), § 205 Abs. 2 StGB (Strafantragsrecht für Verlobte bei Tod des Verletzten bei Straftaten, die die Verletzung des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs betreffen), § 213 StGB (minder schwerer Fall des Totschlags).

Mit Zustandekommen eines wirksamen Verlöbnisses, entsteht eine sogenannte Garantenpflicht.[70] Gemäß § 13 Abs. 1 StGB kann sich ein Täter strafbar machen, wenn er es unterlässt, einen Erfolg abzuwenden, der zum Tatbestand eines Strafgesetzes gehört – also nicht nur im Falle des aktiven Tuns. Voraussetzung hierfür ist, dass der Täter rechtlich dafür einzustehen hat, dass der Erfolg nicht eintritt. Das wiederum ist nur bei Personen der Fall, die durch einen besonderen Rechtsgrund zum Schutz anderer Rechtsgüter verpflichtet sind. Dieser Rechtsgrund liegt in dem Verlöbnis, durch das ein familienrechtliches Gemeinschaftsverhältnis entstanden ist.

 

Rz. 62

Aufgrund eines Verlöbnisses können Entschuldigungsgründe greifen. Insofern ist § 35 Abs. 1 StGB zu beachten, der einen entschuldigenden Notstand für einen Täter dann annimmt, wenn er einen Straftatbestand nur deshalb erfüllt hat, um die Gefahr von einem Angehörigen abzuwenden. Der Täter handelt dann ohne Schuld, was in der Regel Straffreiheit zur Folge hat.

 

Rz. 63

 

Hinweis

Diebstahl und Untreue zwischen Verlobten werden nur auf Antrag verfolgt.
Das Verlöbnis wirkt sich bei einigen Delikten auf die Strafzumessung aus, soweit dies ausdrücklich im Gesetzestext normiert ist.
Durch das Verlöbnis entsteht zwischen den Verlobten eine Garantenpflicht.
Ein wirksames Verlöbnis kann das Entstehen von Entschuldigungsgründen zur Folge haben.
[70] BGH, Urt. v. 7.9.1983 – 2 StR 239/83, JurionRS 1983, 11046, StV 1984, 239; Rauscher, Familienrecht, § 6 Rn 113.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge