Rz. 210

Nach der Rechtsprechung des BGH (BGHSt 41, 376 = NJW 1996, 1420 = NZV 1996, 157 = DAR 1996, 178) hat der Tatrichter zunächst die Möglichkeit, dass er in den Urteilsgründen gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG auf das in der Akte befindliche Foto von dem Verkehrsverstoß Bezug nimmt (dazu noch OLG Hamm, NStZ-RR 2009, 250: eingehend Burhoff/Gübner, OWi, Rn 2669 ff.).

 

Hinweis

Geklärt ist inzwischen in der obergerichtlichen Rechtsprechung die Frage, ob auch auf den von dem Verkehrsverstoß gefertigten Videofilm verwiesen werden kann (vgl. früher bejahend OLG Dresden, NZV 2009, 520 = VRR 2009, 313 = VA 2009, 160; OLG Zweibrücken, VRS 102, 102; verneinend OLG Brandenburg, DAR 2005, 635; NStZ-RR 2010, 89 = VRR 2010, 75 = VA 2010, 51; offen, aber an der Zulässigkeit zweifelnd OLG Hamm, VA 2010, 52 = StRR 2010, 198 = VRR 2010, 232). Der 2. Strafsenat des BGH hat die Frage nämlich im Urt. v. 2.11.2011 (BGHSt 57, 53 = NJW 2012, 244 = VA 2012, 30 = VRR 2012, 71 m. Anm. Deutscher, NStZ 2012, 229; Sandherr, NZV 2012, 143) verneint. Ein Film sei keine Abbildung i.S.d. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO. "Abbildungen" seien nur "statische Aufnahmen", nicht aber Filme. Diese – für das Strafverfahren ergangene – Rechtsprechung lässt sich auf das Bußgeldverfahren übertragen. Daraus folgt, dass bei der Täteridentifizierung anhand eines Videofilms nicht die Grundsätze von BGHSt 41, 376 Anwendung finden (dazu Rdn 211 ff.), sondern der Tatrichter die Bild-/Filmqualität und die Identifizierungsmerkmale eingehend beschreiben muss (vgl. BGH, a.a.O.; so auch KG, VRS 126, 102; OLG Jena, VA 2012, 66 = NZV 2012, 144 = zfs 2012, 168; OLG Saarbrücken, VA 2013, 104; und Deutscher und Sandherr, jeweils a.a.O.; Burhoff/Gübner, OWi, Rn 2675 ff.; dazu Gerke/Wollschläger, StV 2013, 106).

Diese Rechtsprechung des BGH kann i.Üb. nicht dadurch umgangen werden, dass auf "einzelne Abbildungen … der Videoaufnahmen" Bezug genommen wird (KG, Beschl. v. 21.6.2021 – 3 Ws (B) 145/21, StV 2021, 813). Etwas anderes gilt für zur Akte genommene Videoprints, also körperliche Bilder (KG, a.a.O.). Auch die Bezugnahme auf ein (bei den Akten befindliches) elektronisches Speichermedium ist nicht zulässig, sondern ebenfalls allenfalls auf Ausdrucke von Bildern, die sich auf diesem befinden (OLG Hamm, Beschl. v. 17.6.2021 – III-4 RBs 141/21).

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