Entscheidungsstichwort (Thema)

Täteridentifizierung. Lichtbild. Beweiswürdigung. Anforderungen

 

Leitsatz (amtlich)

Der Tatrichter darf gem. § 267 Abs. 1 S. 3 StPO auf Radar- oder Messfotos verweisen, so dass das Rechtsbeschwerdegericht selbst überprüfen kann, inwieweit diese zur Identifizierung des Betroffenen geeignet sind. Bestehen bei der Überprüfung Zweifel an der Eignung des Lichtbildes als Grundlage für eine Identifizierung des Fahrers, muss der Tatrichter im Urteil nähere Angaben zur Feststellung der Identität machen und vor allem auch darlegen, warum er trotz der schlechten Qualität des Lichtbildes den Betroffenen als Fahrer hat identifizieren können. Solche Angaben sind erforderlich, wenn es sich bei den in Bezug genommenen Fotos um Papierausdrucke bzw. Computervergrößerungen handelt und diese unscharf und kontrastarm sind.

 

Normenkette

StPO § 267

 

Verfahrensgang

AG Hagen (Entscheidung vom 08.07.2008)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat gegen den Betroffenen wegen Überschreitung der außerörtlich zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 51 km/h, fahrlässig begangen, eine Geldbuße von 150,- EUR sowie ein Fahrverbot von einem Monat festgesetzt und angeordnet, dass das Fahrverbot erst wirksam wird, wenn der Führerschein nach Rechtskraft des Urteils in amtliche Verwahrung gegeben wird, spätestens aber mit Ablauf von vier Monaten seit Eintritt der Rechtskraft.

Nach den getroffenen Feststellungen befuhr der Betroffene am 24. Juni 2007 die A 46 in Fahrtrichtung Hagen, wobei er die bei Kilometer 1,6 zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h überschritten hat.

Zur Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des gemessenen Fahrzeuges und seiner Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:

"Der Betroffene bestreitet gefahren zu sein, ist der Ansicht, dass das Lichtbild ihn nicht zeigt und verweigert im übrigen die Aussage.

(...)

Auf die Lichtbilder Blatt 20, 30 und 31 der Akten wird ausdrücklich Bezug genommen. Die Inaugenscheinnahme der Person des Betroffenen und der Vergleich mit dem Lichtbild Blatt 20 der Akten hat ergeben, dass dieses ohne jeglichen Zweifel den Betroffenen zeigt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Betroffene überführt. Aufgrund der Angaben des Zeugen N in Verbindung mit den genannten Urkunden ist es sicher, dass das betreffende Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 156 km/h im standardisierten Verfahren ordnungsgemäß gemessen wurde. Nach Abzug der Toleranz von 3 % verbleibt eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 51 km/h. Die Geschwindigkeit war ordnungsgemäß durch die aufgestellten Verkehrszeichen beschränkt. Nicht ganz unproblematisch war der Vergleich der Person des Betroffenen beziehungsweise des Lichtbildes Blatt 20 der Akten mit dem Radarfoto Blatt 30 der Akten. Der Verteidigung ist zuzugeben, dass es deutlichere Messfotos gibt. Aufgrund des Gesamteindrucks, den das Gericht von der Person des Betroffenen beziehungsweise dem Lichtbild Blatt 20 der Akten und dem Radarfoto Blatt 30 der Akten gewonnen hat, ist es zu der ausreichend sicheren Erkenntnis gelangt, dass das Messfoto den anwesenden Betroffenen zeigt. Es wird noch einmal erneut auf die Lichtbilder Blatt 20 und 30 der Akten ausdrücklich Bezug genommen."

Dieses Urteil greift der Betroffene mit der rechtzeitig eingelegten und begründeten Rechtsbeschwerde an, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Mit näheren Ausführungen wendet er sich gegen die Beweiswürdigung des Amtsgerichts hinsichtlich der Identifizierung des Betroffenen als Fahrer des Fahrzeuges.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, das Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Hagen zurückzuverweisen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils mit den zugrunde liegenden Feststellungen sowie zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht. Die Generalstaatsanwaltschaft hat in ihrer Antragsschrift u.a. ausgeführt:

"Die auf die erhobene Sachrüge hin vorzunehmende Überprüfung des Urteils in materiell-rechtlicher Hinsicht deckt Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen auf. Die Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung außerhalb geschlossener Ortschaften nicht.

Im Bußgeldverfahren unterliegen zwar die Urteilsgründe keinen hohen Anforderungen. Sie müssen jedoch so beschaffen sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht zur Nachprüfung einer richtigen Rechtsanwendung hinsichtlich aller objektiven und subjektiven Tatbestandsmerkmale entnehmen kann, welche Feststellungen der Tatrichter getroffen hat (zu vgl. Göhler, OWiG, 14. Auflg., Rdn. 42 zu § 71 m.w.N.). Im Fall der Täteridentifizierung eines Betroffenen müssen die Urteilsgründe s...

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