Leitsatz (amtlich)

Durch eine vom Tatrichter verwandte Formulierung, in der die hinsichtlich der für die Identifizierung des Betroffenen bedeutsamen Lichtbilder aufgeführt worden sind und mitgeteilt wird, dass hinsichtlich der Lichtbilder eine "in Augenscheinnahme" stattgefunden hat und in der auf den Fundort der Lichtbilder in der Akte hingewiesen wird, ist nicht mit der nötigen Deutlichkeit klargestellt, dass das Lichtbild bzw. die Lichtbilder gem. § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO zum Inhalt der Urteilsurkunde gemacht werden sollen.

 

Verfahrensgang

AG Hagen (Entscheidung vom 29.08.2007)

 

Tenor

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Amtsgericht Hagen zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße in Höhe von 175 Euro verurteilt, ein Fahrverbot von einem Monat verhängt und von der Regelung des § 25 Abs. 2 a StVG Gebrauch gemacht. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der dieser die Verletzung materiellen Rechts gerügt hat. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde gemäß § 349 Abs. 2 StPO in Verbindung mit § 79 Abs. 3 OWiG zu verwerfen.

II.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass der Betroffene am 21. Juli 2007 mit seinem Pkw die BAB A 45 befahren hat. Gemessen wurde in Höhe Kilometer 38,800 aufgrund einer Radarmessung mit dem Gerät Typ Multanova VR 6 F eine Geschwindigkeit von 144 km/h, obwohl dort die zulässige Höchstgeschwindigkeit nur 100 km/h betrug. Der Betroffene hat sich in der Hauptverhandlung dahin eingelassen, nicht er sei gefahren, sondern sein Bruder, der auf einem überreichten Passfoto zu sehen sei. Das AG ist jedoch von der Täterschaft des Betroffenen ausgegangen und hat dazu u.a. ausgeführt: "Diese Feststellungen beruhen auf der Einlassung des Betroffene, sowie aufgrund der in Augenscheinnahme des Betroffenen in der Hauptverhandlung, der Fotos Blatt 1 A der Akte sowie dem Doppelpassfoto vom Betroffenen und einem weiteren Passfoto seines Bruders aus Hülle Bl. 35 d.A., den vom Sach-verständigen gefertigten Fotos Bl. 43 d.A. sowie dem in der Hauptverhandlung mündlich erstatteten Gutachten des Sachverständigen Dr. S." Sodann setzt sich das angefochtene Urteil mit dem Sachverständigengutachten auseinander.

III.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Hagen (§ 79 Abs. 6 OWiG).

Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, weil seine Gründe materiell-rechtlich unvollständig sind und es dem Rechtsbeschwerdegericht daher nicht - als Ergebnis seiner Nachprüfung - die Feststellung ermöglicht, dass es rechtsfehlerfrei ergangen ist (§ 267 StPO).

Im Fall der Täteridentifizierung eines Betroffenen müssen die Urteilsgründe so abgefasst sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung möglich ist, ob ein Messfoto bzw. Radarfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu er-möglichen. Ausreichend ist es hierfür, dass in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird, wodurch das Foto zum Bestandteil der Urteilsgründe wird und vom Rechtsbeschwerdegericht dann zur Prüfung der Frage, ob es als Grundlage einer Identifizierung tauglich ist, selbst in Augenschein genommen werden kann. Macht der Tatrichter von dieser Möglichkeit Gebrauch und ist das Foto zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet, so sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich (vgl. BGHSt 41, 376; ständige Rechtsprechung aller Obergerichte, zuletzt u.a. OLG Düsseldorf NZV 2007, 254 = VRR 2007, 194 = VA 2007, 49 = VRS 112, 43; OLG Hamm, Beschl. v. 21. August 2007 - 3 Ss OWi 464/07; vgl. die weiteren Nachweise aus der Rechtsprechung bei Gübner in: Burhoff (Hrsg.), Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, Rn. 1464 ff.). Eine Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO muss aber deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht sein (vgl. BGH, a.a.O.; OLG Düsseldorf, a.a.O.; OLG Hamm, a.a.O.). Die bloße Mitteilung der Fundstelle in den Akten sowie der Hinweis, die Abbildung sei in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen worden, genügen nicht (vgl. zuletzt OLG Düsseldorf, a.a.O.; siehe auch noch OLG Köln NJW 2004, 3274 mit weiteren Nachweisen; OLG Dresden DAR 2000, 279; OLG Brandenburg NStZ-RR 1998, 240; OLG Hamm NStZ-RR 1998, 238 = VRS 95, 232 mit weiteren Nachweisen). Dadurch wird lediglich der Beweiserhebungsvorgang beschrieben wird, nicht aber der Wille zum Ausdruck gebracht wird, das Radarfoto zum Bestandteil der Urteilsurkunde zu machen.

Durch die hier vom Tatrichter verwandten Formulierungen, mit denen die hinsichtlich der für die Identifizierung des Betroffenen bedeutsamen Licht...

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