Leitsatz (amtlich)

Die Formulierung "Verwertung des Passfotos Blatt 8 der Akten" bzw. "der Verwertung des von dem Zeugen B. überreichten Hochglanzfotos ..." beinhaltet keine ordnungsgemäße Bezugnahme im Sinn des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO.

 

Verfahrensgang

AG Bielefeld (Entscheidung vom 02.05.2007)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit den Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Bielefeld zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Bielefeld hat den Betroffenen durch das angefochtene Urteil vom 2. Mai 2007 wegen fahrlässigen Verstoßes gegen die §§ 41 Abs. 2, 49 StVO, 24 StVG - Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft - zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 100,- EUR verurteilt sowie ein Fahrverbot von einem Monat - unter Einräumung der 4-Monats-Frist gemäß § 25 Abs. 2 a StVG - festgesetzt.

Zur Sache hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:

"Am 12.09.2006 gegen 13:37 Uhr befuhr der Betroffene mit dem PKW Daimler Chrysler mit dem amtlichen Kennzeichen XXXXXX in Bielefeld den Südring. In Höhe des dortigen Total Marktes achtete er nicht auf die dort gut ausgeschilderte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h, durch ordnungsgemäße Radarmessung wurde festgestellt, dass der Betroffene mit einer Geschwindigkeit von 96 km/h fuhr. Nach Abzug eines Toleranzwertes von 3 km/h ergibt sich somit eine dem Betroffenen vorwerfbare gefahrene Geschwindigkeit von 93 km/h, somit eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaft um 33 km/h."

In der Beweiswürdigung wird ausgeführt:

"Diese Feststellungen beruhen auf der glaubhaften Aussage des Zeugen B., auf der Verwertung der Messfotos Blatt 3 der Akten, des Messprotokolls Blatt 14, der Eichscheine Blatt 15 - 17, des Passfotos Blatt 8 der Akten sowie auf der Verwertung des von dem Zeugen B. überreichten Hochglanzfotos, das als Anlage zu Protokoll genommen wurde. Der Betroffene selbst hat sich zur Sache nicht eingelassen, er hat über seinen Verteidiger erklären lassen, dass er seine Fahrereigenschaft bestreitet.

...

Dass der Betroffene zur Tatzeit das Fahrzeug gesteuert hat, ergibt sich eindeutig aus dem Vergleich des von dem Zeugen B. überreichten Hochglanzfotos zu den Akten mit der Person des Betroffenen. Die Augen-, die Nasen-, die Kinn-, und die Mundpartie stimmen eindeutig mit der Person des Betroffenen mit der auf dem Bild überein. Ebenso ist der Betroffene grauhaarig, wie der Fahrer auf diesem Bild, das Bild von dem Fahrer entspricht eindeutig dem Alter des Betroffenen. Dem Betroffenen stand das Fahrzeug auch zur Verfügung, es handelt sich um ein Fahrzeug eines Gasthauses, dessen Seniorchef der Betroffene früher war."

Gegen dieses Urteil wendet sich der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde, die er unter näheren Ausführungen mit der Rüge der Verletzung sachlichen Rechts begründet hat.

II.

Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache einen zumindest vorläufigen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Amtsgericht Bielefeld (§ 79 Abs. 6 OWiG).

Das angefochtene Urteil kann keinen Bestand haben, weil seine Gründe materiell-rechtlich unvollständig sind und es dem Rechtsbeschwerdegericht daher nicht - als Ergebnis seiner Nachprüfung - die Feststellung ermöglicht, dass es rechtsfehlerfrei ergangen ist.

Die Urteilsgründe müssen so abgefasst sein, dass dem Rechtsbeschwerdegericht die Prüfung möglich ist, ob ein Messfoto bzw. Radarfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen. Ausreichend ist es hierfür, dass in den Urteilsgründen auf das in der Akte befindliche Foto gemäß § 267 Abs. 1 S. 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG Bezug genommen wird, wodurch das Foto zum Bestandteil der Urteilsgründe wird und vom Rechtsbeschwerdegericht dann zur Prüfung der Frage, ob es als Grundlage einer Identifizierung tauglich ist, selbst in Augenschein genommen werden kann. Macht der Tatrichter von dieser Möglichkeit Gebrauch und ist das Foto zur Identifizierung uneingeschränkt geeignet, so sind darüber hinausgehende Ausführungen zur Beschreibung des abgebildeten Fahrzeugführers entbehrlich (vgl. BGH NZV 1996, 157; OLG Düsseldorf NZV 2007, 254; OLG Köln 1 Ss 358/04, Beschluss vom 17.08.2004 - beckRS 2004 - 08276; OLG Hamm NZV 2000, 428). Eine Bezugnahme nach § 267 Abs. 1 S. 3 StPO muss aber deutlich und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht sein (vgl. BGH a.a.O.; Meyer-Goßner, StPO, 50. Aufl., § 267, Rdnr. 8 m.w.N.). Die bloße Mitteilung der Fundstelle in den Akten sowie der Hinweis, die Abbildung sei in der Hauptverhandlung in Augenschein genommen worden, genügen nicht (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O. m.w.N.). Insoweit ist davon auszugehen, dass lediglich der Beweiserhebungsvorgang beschrieben wird, nicht aber der Wille zum Ausdruck gebracht wird, das Radarfoto zum Bestandte...

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