Leitsatz (amtlich)

Auch Videoaufzeichnungen stellen für die Bezugnahme geeignete Abbildungen dar, auf die der Tatrichter bei Identifizierung eines "Verkehrssünders" in den Urteilsgründen wegen der Einzelheiten verweisen darf. Eine für die Bezugnahme geeignete Abbildung liegt nämlich auch dann vor, wenn technische Hilfsmittel notwendig sind, um sie betrachten zu können.

 

Normenkette

OWiG § 71 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Eilenburg (Entscheidung vom 19.09.2008; Aktenzeichen 5 OWi 503 Je 58138/07)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Eilenburg vom 19. September 2008 wird als unbegründet verworfen.

Der Betroffene hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels zu tragen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Eilenburg hat den Betroffenen mit Urteil vom 19. September 2008 wegen fahrlässiger Nichteinhaltung des erforderlichen Abstandes zu einer Geldbuße von 170,00 EUR verurteilt sowie ein Fahrverbot für die Dauer von einem Monat gegen ihn verhängt.

Hiergegen hat der Betroffene durch seinen Verteidiger form- und fristgerecht Rechtsbeschwerde eingelegt und diese mit der Verfahrens- sowie der Sachrüge begründet.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat beantragt, auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen das Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen, sie ist der Auffassung, das Amtsgericht habe zur Täteridentifizierung nicht wirksam auf eine Videosequenz Bezug genommen.

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde erweist sich als unbegründet.

1.

Die von der Rechtsbeschwerde erhobene Verfahrensrüge der fehlerhatten Ablehnung eines Beweisantrages sowie die Aufklärungsrüge erweisen sich bereits als unzulässig, da sie den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO i.V.m. § 79 Abs. 3 OWiG nicht entsprechen.

Der Beschwerdeführer muss die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau mitteilen, dass das Rechtsbeschwerdegericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden. Für einen erschöpfenden Vortrag sind dabei auch die Verfahrenstatsachen vorzutragen, die der erhobenen Rüge entgegenstehen könnten. Dies hat die Rechtsbeschwerde vorliegend unterlassen. Nachdem der Verteidiger den Beweisantrag gestellt hatte, erläuterte das Gericht weiter, dass Nasenpartie und Nasenlöcher durch Schattierungen zu sehen seien sowie die Nasenspitze höher stehe und dies bei dem Betroffenen gut zu erkennen sei. Diese gerichtliche Erläuterung teilt die Rechtsbeschwerde nicht mit, obwohl sie für die Beurteilung der Verfahrensrüge bedeutsam ist. Gleiches gilt für die erhobene Aufklärungsrüge.

Unabhängig davon waren die Rügen auch unbegründet. Die Frage, ob der Betroffene mit dem auf dem Tatfoto bzw. Tatvideo abgebildeten Fahrzeuglenker identisch ist, wird nicht durch ein Sachverständigengutachten, sondern durch einen Lichtbildvergleich im Wege des Augenscheins festgestellt. Die darauf beruhende Beurteilung über die Täterschaft des Betroffenen und die Qualität des Lichtbildes ist Aufgabe des erkennenden Gerichts (vgl. KG Berlin, Beschluss vom 17. Januar 2001, Az.: 3 Ws [B] 612/00).

2.

Die Überprüfung des Urteils aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zu Lasten des Betroffenen ergeben.

Die Beweiswürdigung entspricht den Anforderungen an die Urteilsdarstellung bei Identifizierung eines Betroffenen anhand eines bei der Verkehrsordnungswidrigkeit gefertigten Tatfotos bzw. Tatvideos ( BGH NJW 1996, 1420).

Die Tatrichterin hat den Betroffenen als Täter des vorgeworfenen Verkehrsverstoßes aufgrund Inaugenscheinnahme des Betroffenen und Vergleich desselben mit der ebenfalls in Augenschein genommenen anlässlich der Tatbegehung gefertigten Videosequenz identifiziert. Dies ist ausreichend.

2. a.

Entgegen der von der Rechtsbeschwerde vorgetragenen und von der Generalstaatsanwaltschaft vertretenen Auffassung kann der Tatrichter wirksam gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO, § 71 Abs. 1 OWiG bezüglich der Einzelheiten nicht nur auf einzelne Tatfotos, sondern auch auf ein Tatvideo als Ganzes verweisen.

Unter den Begriff der "Abbildungen" im Sinne des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO fallen nach allgemeiner Meinung alle Arten von bildlichen Darstellungen, also alle durch Gesichts- und Tastsinn in ihrem Aussagegehalt erfassbaren Gebilde. Format und Material des Bildträgers spielen dabei keine Rolle (vgl. Löwe-Rosenberg-Gollwitzer, StPO, 25. Aufl., § 267 Rdnr. 13; Pfeiffer, StPO, 5. Aufl., § 267 Rdnr. 4; KK-Engelhardt, StPO, 6. Aufl., § 267 Rdnr. 6).

Eine für die Bezugnahme geeignete Abbildung im vorgenannten Sinne liegt nach Auffassung des Senats auch dann vor, wenn - wie vorliegend - technische Hilfsmittel notwendig sind, um sie betrachten zu können. Dies ergibt sich bereits aus Sinn und Zweck der Regelung des § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO, der die Bezugnahme auf bei der Akte befindliche Abbildungen gerade zur Vereinfachung der schriftlichen Urteilsgründe und zur Verringerung des Schreibwerks zuläs...

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