Rz. 280

Abzugrenzen von der Anfechtbarkeit der Wahl ist deren Nichtigkeit. Aus Gründen der Rechtssicherheit kommt sie nur bei groben und offensichtlichen Verstößen in Betracht. Das ist dann der Fall, wenn der Verstoß so gravierend ist, dass schon der Anschein einer ordnungsgemäßen Wahl fehlt. So ist von einer Nichtigkeit z.B. auszugehen, wenn es bereits an den Voraussetzungen einer Betriebsratswahl fehlt, weil der Betrieb z.B. nicht dem Anwendungsbereich des BetrVG unterliegt.[600] Nichtigkeit ist auch anzunehmen, wenn der Betriebsrat nur durch Zurufe gebildet wird[601] oder im Zeitpunkt der Wahl bereits ein Betriebsrat rechtswirksam besteht.[602] Dagegen führt die Verkennung des Betriebsbegriffs regelmäßig nicht zur Nichtigkeit der Wahl.[603] In diesem Fall kommt eine Anfechtung in Betracht.

Entgegen seiner früheren Auffassung geht das BAG nunmehr davon aus, dass eine Häufung von Wahlverstößen nicht zur Nichtigkeit führen kann, wenn jeder Verstoß für sich allein betrachtet lediglich die Anfechtbarkeit der Wahl begründet.[604]

Anders als bei der Anfechtung ist die Betriebsratswahl bei der Nichtigkeit von Anfang an unwirksam (ex tunc), sodass ein Betriebsrat nie gebildet wurde und alle Rechtshandlungen des Scheinbetriebsrats rückwirkend unwirksam sind. Die Nichtigkeit kann außerdem von jedem, der ein diesbezügliches Rechtsschutzinteresse hat, jederzeit und in jeder Form, auch als Vorfrage in einem anderen Prozess, gerichtlich geltend gemacht werden.[605] Das Recht, die Nichtigkeit der Betriebsratswahl geltend zu machen, kann nicht verwirken.[606] Auf Antrag des Arbeitgebers ist die Betriebsratswahl abzubrechen, wenn sie voraussichtlich nichtig ist.[607]

 

Praxistipp

Bei Unklarheiten über die Frage, ob eine Betriebsratswahl nichtig oder nur anfechtbar ist, wird in der Praxis häufig mit gestaffelten Anträgen gearbeitet: Mit dem Hauptantrag wird die Nichtigkeit, mit dem Hilfsantrag die Ungültigerklärung der Betriebsratswahl beantragt. Derart gestaffelte Anträge sind jedoch nicht erforderlich, da der Anfechtungsantrag nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich auch den Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit umfasst.[608]

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