Rz. 221

Wegen der weit reichenden Folgen des Versäumens der Frist ist unbedingt darauf zu achten, dass der Antrag rechtzeitig eingeht. § 55 Abs. 6 RVG bestimmt, dass der Anwalt seine sämtlichen Ansprüche bei Fristversäumnis verliert, und zwar sowohl gegen die Staatskasse nach § 49 RVG als auch diejenigen, die er nach § 11 RVG gegen seinen Mandanten hätte.[416] Dieser Folge ist allerdings nicht zuzustimmen, da die Wirkungen der Prozesskostenhilfe nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht entfallen sind. Im Zweifel bleibt der Rechtsanwalt bei Fristversäumnis ohne irgendeine Vergütung. Auch berufsrechtlich dürfte es sich verbieten, dass der Rechtsanwalt bei eigenem Verschulden die weiteren Kosten bei seinem Mandanten anfordert. Begründet wird diese Ansicht damit, dass das Gesetz von "Ansprüchen" spricht, sodass hiervon auch die Regelvergütung nach § 49 RVG betroffen ist. Zudem ist der Anwalt nicht mehr verpflichtet, nach § 55 Abs. 6 RVG die Berechnung seiner Regelvergütung unverzüglich zu den Prozessakten zu reichen.[417] Er soll dies lediglich tun. Das Wort "kann" in § 55 Abs. 6 RVG legt lediglich die Zuständigkeit des Urkundsbeamten fest. Es gibt ihm keinen Ermessenspielraum.

 

Rz. 222

Sollte der Anwalt einmal in die missliche Lage geraten, dass seine Gebührenansprüche gegenüber der Staatskasse aufgrund eines Fristversäumnisses verwirkt sind, empfiehlt es sich, zunächst die entsprechende Gerichtsakte einzusehen. Denn an eine wirksame Fristsetzung, die zum Erlöschen der Ansprüche führt, sind strenge Anforderungen zu stellen.

 

Rz. 223

Denn die Aufforderung des Urkundsbeamten an den Rechtsanwalt, seine Ansprüche anzumelden, setzt die Monatsfrist des § 55 Abs. 6 RVG nur in Lauf, wenn diese Aufforderung unterschrieben ist. Eine Paraphierung ist unzureichend.[418] Dies ergibt sich aus § 12 RpflG. Danach muss der Rechtspfleger im Schriftverkehr seiner Unterschrift das Wort "Rechtspfleger" beifügen. Was zu Verfügungen des Rechtspflegers angeordnet ist, gilt auch zu solchen des Urkundsbeamten. Denn der Rechtspfleger kann ein Geschäft des Urkundsbeamten wirksam wahrnehmen (§ 8 Abs. 5 RpflG). Deshalb muss die Verfügung bzw. der Beschluss mit dem vollen Namen unterzeichnet sein.[419] Ohne Unterschrift ist eine Entscheidung des Rechtspflegers oder Urkundsbeamten nicht existent.[420] Zudem muss eine Zustellung der Aufforderung an den im Prozesskostenhilfe-Beschluss beigeordneten Anwalt erfolgen (§ 329 Abs. 2 S. 2 ZPO). Die zu übergebende beglaubigte Abschrift der Aufforderung muss dem Original vollständig gleichen. Es genügt daher nicht, dass das paraphierte Original durch die mit einem vollen Namen versehene beglaubigte Abschrift ersetzt wird. Denn was für richterliche Verfügungen gilt, muss auch für solche des Urkundsbeamten gelten.[421]

 

Rz. 224

 

Hinweis

Sollten dem Anwalt die Vergütungsansprüche wegen Nichteinhaltens der Monatsfrist nach § 55 Abs. 6 RVG versagt werden, kann er gegen den ablehnenden Beschluss unbefristete Erinnerung einlegen (§ 56 Abs. 1 S. 1 RVG). Der Urkundsbeamte kann der Erinnerung abhelfen. Ansonsten legt er die Entscheidung dem Gericht (Richter) vor (§ 56 RVG). Es entscheidet das Gericht (Abteilungsrichter), bei dem die Vergütungsfestsetzung erfolgt ist, durch Beschluss. Gegen einen ablehnenden Beschluss kann binnen zwei Wochen nach der Zustellung der Entscheidung Beschwerde eingereicht werden (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 38 RVG). Voraussetzung dafür ist, dass der Beschwerdewert von 200 EUR übersteigt. Beschwerdegegenstand ist derjenige Vergütungsbetrag, gegen dessen Ablehnung oder Zubilligung sich der Beschwerdeführer wendet.[422] Beschwerdegericht ist das Gericht, bei dem die Vergütung festgesetzt worden ist.

[416] PfälzOLG Zweibrücken Rpfleger 1998, 434 m.w.N.; JP 1998, 614; AnwK/Schnapp, § 55 Rn 37, 31; LG Bayreuth JurBüro 1992, 743; Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, § 55 Rn 32.
[417] KG JurBüro 1984, 1692.
[418] OLG Düsseldorf MDR 1989, 556; KG NJW 1988, 2807; JurBüro2007, 42.
[419] OLG Bamberg JurBüro 1993, 89; OLG Koblenz EzFamR aktuell 2002, 142.
[420] Herrmann, RpflG, 6. Aufl., § 12 Rn 4 m.w.N.
[421] BGH MDR 1980, 572.
[422] Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert, § 55 Rn 37.

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