Leitsatz (amtlich)

Zum Umfang der Prüfung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach der Bewilligung von Beratungshilfe.

 

Verfahrensgang

LG Rottweil (Beschluss vom 03.04.2007; Aktenzeichen 1 T 35/07)

AG Freudenstadt (Beschluss vom 02.03.2007; Aktenzeichen 13 BRH 404/05)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird unter Aufhebung des Beschlusses der 1. Zivilkammer des LG Rottweil vom 3.4.2007 - 1 T 35/07, und des Beschlusses des AG Freudenstadt vom 2.3.2007 - 13 BRH 404/05, und unter Zurückweisung des weiter gehenden Antrags der Antragstellerin der Beschluss des Rechtspflegers des AG Freudenstadt vom 5.1.2007 - BRH 404/05, dahin abgeändert, dass die der Antragstellerin aus der Staatskasse zu bewilligende Beratungshilfe-Vergütung auf 542,88 EUR festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

1. Mit Antrag vom 28.11.2005 beantragte die nunmehrige Antragstellerin im Vergütungsfestsetzungsverfahren, Rechtsanwältin ..., namens des Beteiligten ... die Bewilligung von Beratungshilfe für die Angelegenheit "Privatinsolvenz". Am 12.12.2005 wurde dem Beteiligten ... ein Berechtigungsschein erteilt, mit dem ihm die rechtliche Beratung und - soweit erforderlich - Vertretung durch einen Rechtsanwalt seiner Wahl in der Angelegenheit "laut Antrag vom 28.11.2005 (außergerichtliche Schuldenbereinigung nach INSO)" bewilligt wurde.

Die Antragstellerin beantragte am 8.9.2006 die Festsetzung ihrer Gebühren und Auslagen i.H.v. insgesamt 672,80 EUR (Geschäftsgebühr nach RVG-VV Nr. 2507 - mehr als 15 Gläubiger - 560 EUR, Auslagenpauschale nach RVG-VV Nr. 7002: 20 EUR, Umsatzsteuer auf die Vergütung nach RVG-VV Nr. 7008: 92,80 EUR).

Der Rechtspfleger bat um Übersendung einer Gläubigerliste. Nach deren Erhalt äußerte er Zweifel, ob überhaupt die Voraussetzungen für ein Verbraucherinsolvenzverfahren und damit für die Aufstellung eines Schuldenbereinigungsplans vorgelegen hätten. Tatsächlich wurde über das Vermögen des Beteiligten ... mit Beschluss vom 12.10.2006 das Regelinsolvenzverfahren eröffnet.

Mit Beschluss vom 5.1.2007 lehnte der Rechtspfleger, der hier die Funktion des für die Vergütungsfestsetzung zuständigen Urkundsbeamten ausgeübt hat, die beantragte Vergütungsfestsetzung ab, weil bei dem Beteiligten ... die Voraussetzungen für ein Verbraucherinsolvenzverfahren nicht gegeben gewesen seien und ein außergerichtlicher Schuldenbereinigungsplan nicht hätte aufgestellt werden dürfen. Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Antragstellerin wurde mit Beschluss des AG Freudenstadt vom 2.3.2007 zurückgewiesen. Auf ihre sofortige Beschwerde wurde die Vorinstanz durch das LG Rottweil mit Beschluss vom 3.4.2007 abgeändert; die der Antragstellerin aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen wurden unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerde auf 34,80 EUR festgesetzt. Zugleich wurde die weitere Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, weil die Frage, ob und in welchem Umfang im Verfahren auf Festsetzung der Vergütung für Beratungshilfe eine Überprüfung der vom Rechtsanwalt ergriffenen Maßnahmen und eine Ablehnung der Festsetzung erfolgen kann, bislang nicht abschließend geklärt sei und ihr über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme.

Gegen die am 11.4.2007 herausgegebene Entscheidung - ein Zustellungsnachweis befindet sich nicht bei den Akten - hat die Antragstellerin, die den Zugang am 16.4.2007 bestätigt hat, am 27.4.2007 per Telefax weitere Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt sie aus, dass sie bei ihrer Erkenntnislage zum Zeitpunkt der Antragstellung davon habe ausgegehen dürfen, dass ein Verbraucherinsolvenzverfahren durchzuführen sei. Die Praxis der zuständigen Insolvenzgerichte sei uneinheitlich gewesen. Der Rechtspfleger sei damit im Rahmen der Vergütungsfestsetzung nicht in der Lage, über die Erforderlichkeit der zu ergreifenden Maßnahmen zu entscheiden, weil es sich um Ermessensentscheidungen der Insolvenzgerichte handle.

Die Bezirksrevisorin hat als Vertreterin der Staatskasse im Erinnerungsverfahren am 31.1.2007 zu dem Vergütungsfestsetzungsantrag Stellung genommen. Sie ist der Ansicht, dass die Beratungshilfe nur insoweit gewährt sei, als ein außergerichtliches Schuldenbereinigungsverfahren auch tatsächlich erforderlich sei. Dies sei hier für die in Insolvenzsachen ständig tätige Antragstellerin erkennbar nicht der Fall gewesen. Vielmehr hätte sofort Insolvenzantrag gestellt werden müssen.

2. Nachdem die weitere Beschwerde zum OLG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache durch das LG Rottweil als Beschwerdegericht in seinem Beschluss vom 3.4.2007 zugelassen wurde, ist das Rechtsmittel der Antragstellerin als sofortige weitere Beschwerde statthaft, frist- und formgerecht eingelegt und damit auch sonst zulässig (§ 55 Abs. 1, Abs. 4 RVG, § 4 Abs. 1 BerHG, § 56 Abs. 1, Abs. 2 RVG i.V.m. § 33 Abs. 6, Abs. 3...

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