Rz. 1

Die Justiz stellt seit 2013 verstärkt auf den elektronischen Rechtsverkehr um und hat weite Teile der Umsetzung bereits abgeschlossen. Anwälte müssen als unabhängige Organe der Rechtspflege und Freiberufler diesen Weg mitgehen. Die BRAK hat ihre in § 31a Abs. 1 S. 1 BRAO und § 21 RAVPV normierte Pflicht zur Einrichtung eines empfangsbereiten besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer (BRAV) bereits 2016 umgesetzt. Zum 1.8.2022 werden auch zugelassene Berufsausübungsgesellschaften im BRAV zu finden sein und ein verpflichtendes Gesellschafts-beA erhalten, siehe hier den ab 1.8.2022 geltenden § 31b BRAO[1] sowie die Ausführungen zum Gesellschafts-beA in § 2 Rdn 19 ff.; zu den technischen ­Problemen in § 2 Rdn 36 dieses Werks. Mit dem elektronischen Rechtsverkehr sind für Anwälte und Berufsausübungsgesellschaften neue berufsrechtliche Pflichten verknüpft, insbesondere die passive und aktive Nutzungspflicht.

 

Rz. 2

Gem. § 31a Abs. 3 S. 1 BRAO hat die BRAK sicherzustellen, dass der Zugang zum beA nur durch ein sicheres Verfahren mit zwei voneinander unabhängigen Sicherungsmitteln möglich ist (Besitz [Karte oder Softwarezertifikat] und Wissen [PIN]). Sie kann auch Vertretungen, Abwicklern und Zustellungsbevollmächtigten die Nutzung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs ermöglichen; § 31a Abs. 2 BRAO gilt sinngemäß; § 31a Abs. 3 S. 2 BRAO.

 

Rz. 3

Die BRAK hat im Zusammenhang mit dem beA unterschiedliche Rechte und Pflichten (nur beispielhaft):

Betreibung der beAs auf der Grundlage des Protokollstandards "Online Services Computer Interface – OSCI" oder einem künftig nach dem Stand der Technik an dessen Stelle tretenden Standard, § 20 Abs. 1 S. 1 RAVPV.
Gewährleistung, dass fortlaufend eine sichere elektronische Kommunikation über das beA möglich ist, § 20 Abs. 1 S. 2 RAVPV.
Recht, unterschiedlich ausgestaltete Zugangsberechtigungen für Kammermitglieder und andere Personen einzurichten, § 31a Abs. 3 S. 3 BRAO.
Pflicht zur Einrichtung eines beA bei weiterer Kanzlei, § 31a Abs. 7 BRAO.
Pflicht zur Einrichtung eines beA bei Syndikusrechtsanwälten, § 31a Abs. 2 S. 2 BRAO.
Pflicht zur automatisierten Abmeldung im beA-System bei Überschreitung einer bestimmten Zeitdauer, § 24 Abs. 1 S. 3 u. 4 RAVPV.
Schaffung der Möglichkeit zur Anmeldung anderer Personen als der Postfachinhaber selbst nur über Zertifikate und dazugehöriger PIN, § 24 Abs. 2 RAVPV.
Berechtigung, die in dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach gespeicherten Nachrichten nach angemessener Zeit zu löschen, § 31a Abs. 3 S. 4 BRAO, § 27 RAVPV.
Pflicht zur barrierefreien Ausgestaltung des beA, § 31a Abs. 3 S. 5 BRAO, § 20 Abs. 2 RAVPV.
Ermöglichung der Suche nach allen Personen oder Stellen, die über das beA erreichbar sind, § 19 Abs. 3 S. 1 RAVPV.
Zugänglichmachen der entsprechenden Daten auch für die Gerichte, § 19 Abs. 3 S. 2 RAVPV.
Pflicht zur Löschung des beA bzw. Beendigung der Zugangsberechtigung in den Fällen der Beendigung einer Mitgliedschaft in einer RAK (Ausnahme: RAK-Wechsel), § 31a Abs. 4 BRAO; siehe dazu auch §§ 28, 29 RAVPV.
Gewährleistung, dass bei einem Versand nicht-qualifiziert signierter elektronischer Dokumente durch einen Rechtsanwalt auf einem sicheren Übermittlungsweg für den Empfänger feststellbar ist, dass die Nachricht von dem Rechtsanwalt selbst versandt wurde, § 20 Abs. 3 RAVPV.
Pflicht zur Regelung, dass das Recht, nicht-qualifiziert elektronisch signierte Dokumente auf einem sicheren Übermittlungsweg zu versenden, vom Postfachinhaber nicht auf andere Personen übertragen werden kann, mit Ausnahme von elektronischen Empfangsbekenntnissen, die Vertretungen oder Zustellungsbevollmächtigte abgeben, § 23 Abs. 3 S. 5 u. 6 RAVPV.
Weitere Aufgaben der BRAK ergeben sich u.a. im Hinblick auf die Führung des Gesamtverzeichnisses der BRAK sowie des europäischen Anwaltsverzeichnisses aus den §§ 918 RAVPV sowie aus § 31 BRAO.
 

Rz. 4

Die RAVPV wird zum 1.8.2022 aufgrund der BRAO-Reform und Regelung zur Berufsausübungsgesellschaft erheblich erweitert und geändert.[2] Wichtige Änderungen sind nachstehend abgedruckt:

Zitat

§ 20 Abs. 3 RAVPV n.F.:

"Die Bundesrechtsanwaltskammer hat zu gewährleisten, dass"

1. bei der Übermittlung eines Dokuments mit einer nicht-qualifizierten elektronischen Signatur auf einem sicheren Übermittlungsweg durch einen Rechtsanwalt für den Empfänger feststellbar ist, dass die Nachricht von dem Rechtsanwalt selbst versandt wurde,

2. bei der Übermittlung eines Dokuments mit einer nicht-qualifizierten elektronischen Signatur auf einem sicheren Übermittlungsweg durch eine zugelassene Berufsausübungsgesellschaft für den Empfänger feststellbar ist, dass die Nachricht durch einen Rechtsanwalt versandt wurde, der zur Vertretung der Berufsausübungsgesellschaft berechtigt ist.“

§ 21 Abs. 3 RAVPV n.F.:

"Wird ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach für eine Berufsausübungsgesellschaft eingerichtet, hat die Ber...

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