Rz. 45

Als sicherer Übermittlungsweg gilt gem. § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FGO auch der Übermittlungsweg zwischen den besonderen elektronischen Anwaltspostfächern (beA) nach § 31a BRAO oder 31b BRAO i. d. F. ab 1.8.2022 und der elektronischen Poststelle des Gerichts. In der Regel ist im Fall des § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FGO die elektronische Poststelle des Gerichts das eingerichtete Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP), das in ein besonderes elektronisches Behördenpostfach[1] umgewandelt werden kann. Zu beachten ist, dass ein elektronisches Dokument ohne qualifizierte elektronische Signatur, das von einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach versandt wird, nur dann auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht ist, wenn die das Dokument signierende und damit verantwortende Person und die tatsächlich versendende Person übereinstimmen.[2]

 

Rz. 46

Gem. § 31a Abs. 1 S. 1 BRAO richtet die Bundesrechtsanwaltskammer für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer sowie für jede eingetragene Berufsausübungsgesellschaft i. S. d. BRAO[3] ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach ein.

 

Rz. 47

Die nähere Ausgestaltung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs erfolgt gem. § 31c BRAO[4] durch §§ 19ff. RAVPV.[5] § 22 RAVPV enthält Regelungen über die Erstanmeldung am Postfach, § 24 RAVPV über den Zugang zum Postfach. Gem. § 31a Abs. 3 S. 1 BRAO darf der Zugang zum Postfach nur über eine Zwei-Faktor-Authentifizierung erfolgen. Dies geschieht nach § 24 Abs. 1 S. 1 RAVPV durch ein dem jeweiligen Inhaber zugeordnetes Zertifikat und der zugehörigen Zertifikats-PIN.

 

Rz. 48

Nach § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 173 Abs. 2 ZPO besteht eine sog. passive Nutzungspflicht, d. h., der Postfachinhaber hat Zustellungen und den Zugang von Mitteilungen über das besondere elektronische Anwaltspostfach zur Kenntnis zu nehmen.[6] Die berufsrechtlich begründete passive Nutzungspflicht erstreckt sich auf alle elektronischen Mitteilungen, insbesondere formlose Mitteilungen der Gerichte und sonstigen Schriftverkehr unter Anwälten.[7]

 

Rz. 49

Zu beachten ist, dass die Bundesrechtsanwaltskammer gem. § 31 Abs. 3 S. 4 BRAO die in dem besonderen elektronischen Anwaltspostfach gespeicherten Nachrichten nach angemessener Zeit löschen darf. § 27 RAVPV sieht hierfür vor, dass Nachrichten frühestens 90 Tage nach ihrem Eingang automatisch in den Papierkorb des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verschoben und im Papierkorb befindliche Nachrichten frühestens nach 30 Tagen automatisch gelöscht werden dürfen. Da das besondere elektronische Anwaltspostfach nicht als Ablagekorb vorgesehen ist, wird empfohlen, die Nachrichten zu den Handakten zu exportieren.[8]

 

Rz. 50

Für Notare ist aufgrund § 78n BNotO, §§ 12ff. NotVPV[9] das entsprechende besondere elektronische Notarpostfach (beN) errichtet worden. Ein besonderes elektronisches Postfach könnte auch für andere Berufsgruppen errichtet werden, was dann als sicherer Übermittlungsweg nach § 52a Abs. 4 Nr. 2 FGO gelten könnte.

 

Rz. 51

Ab dem 1.1.2023[10] hat die Bundessteuerberaterkammer ein besonderes elektronisches Steuerberaterpostfach (beSt) für Steuerberater und Steuerbevollmächtigte gem. § 86d StBerG i. d. F. ab 1.8.2022 sowie für Berufsausübungsgesellschaften i. S. d. StBerG gem. § 86e StBerG i d. F. ab 1.8.2022 empfangsbereit einzurichten. Das beSt ist ein sicherer Übermittlungsweg i. S. d. § 52a Abs. 4 S. 1 Nr. 2 FGO. Ab dem 1.1.2023 besteht dann auch hier eine passive Nutzungspflicht gem. § 155 S. 1 FGO i. V. m. § 173 Abs. 2 ZPO i. d. F. ab 1.1.2023 und berufsrechtlich über § 82d Abs. 6 StBerG.[11] Gem. § 86f StBerG i. d. F. ab 1.8.2022 kann eine Rechtsverordnung erlassen werden, mit der die weiteren Einzelheiten der Steuerberaterplattform und der besonderen elektronischen Steuerberaterpostfächer festgelegt werden können. Es sollen Vorgaben hinsichtlich der erforderlichen Datenübermittlung, der technischen Ausgestaltung einschließlich der Barrierefreiheit, der Führung, der Zugangsberechtigung, der Nutzung, des Löschens von Nachrichten und der Löschung der elektronischen Steuerberaterpostfächer erfolgen.[12] Diese dürfte insoweit §§ 19 ff. RAVPV und §§ 12 ff. NotVPV vergleichbar sein.

Rz. 52 einstweilen frei

[2] S. Rz. 32; Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 52a FGO Rz. 10 m. w. N.; BAG v. 5.6.2020, 10 AZN 53/20, NJW 2020, 2351; BSG v. 18.11.2020, B 1 KR 1/20 B; a. A. Schmieszek, in Gosch, AO/FGO, § 52a FGO Rz. 26.
[3] § 31b Abs. 1 BRAO i. d. F. ab 1.8.2022.
[4] § 31d BRAO i. d. F. ab 1.8.2022.
[6] Berufsrechtlich gilt § 31a Abs. 6 BRAO und § 31b Abs. 5 BRAO i. d. F. ab 1.8.2022; zur aktiven Nutzungspflicht seit 1.1.2022 s. § 52d FGO.
[7] BT-Drs. 18/9521, 109.
[8] S. beA-Anwenderhilfe/Arbeiten mit Ihrem beA/Löschen von N...

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