Rz. 338

Entschließt sich der Nachlasspfleger zur Veräußerung des Grundstücks, muss der Rechtspfleger im Rahmen des Genehmigungsverfahrens prüfen, ob der in der notariellen Urkunde vereinbarte Kaufpreis angemessen ist. Als Grundlage für eine Zustimmung durch den Rechtspfleger wird er im Regelfall ein Gutachten eines Sachverständigen für Immobilienbewertungen vom Nachlasspfleger einfordern. Dies ist allerdings nicht ausdrücklich vorgeschrieben. In Hessen besteht die Möglichkeit, den Verkehrswert von Grundstücken kostengünstig durch das jeweilige Ortsgericht ermitteln zu lassen (§ 18 OGG). Weiterhin sollte seitens des Nachlasspflegers eine Gutachtenbeauftragung in Erwägung gezogen werden, wenn vom Finanzamt die Veranlagung von Erbschaftsteuern ansteht. Die Einspruchsfrist beträgt allerdings nur einen Monat. In diesem Zeitraum ist es dem Sachverständigen unmöglich, ein Verkehrswertgutachten zu erstellen um einen ggf. niedrigeren gemeinen Wert nach § 198 BewG festzustellen. Unterlässt der Nachlasspfleger dies, kann er u.U. zu einem späteren Zeitpunkt von den Erben verklagt werden, vermeintlich zu viel gezahlte Erbschaftsteuern aus dem Nachlass an die Erben zu erstatten. Bei Vorlage eines Verkehrswertgutachtens würde dann die Haftung auf den Sachverständigen übergehen. Denn auf der Grundlage wurden schließlich vom Nachlasspfleger Zahlungen geleistet bzw. der Verkauf auf den Verkehrswert abgestimmt.

 

Rz. 339

Sollte der Gesamtwert eines unbebauten Grundstücks (insbesondere bei Grünland-, Waldflächen oder Ackerland etc.) mäßig bis niedrig sein, kann zur Vermeidung unnötiger Kosten ggf. auf die Erstellung eines Gutachtens verzichtet werden. Der Kauferlös ist dann aus dem Bodenrichtwert (§§ 193 Abs. 3, 196 BauGB) abzuleiten. Diesen hat der Nachlasspfleger beim jeweiligen Gutachterausschuss (bzw. im Internet z.B. www.boris.nrw.de) abzufragen. Jedoch ist darauf zu achten, dass das zu bewertende Grundstück auch mit den Merkmalen des Richtwertgrundstücks übereinstimmt.

 

Rz. 340

Auf ein Gutachten kann auch verzichtet werden, wenn der Erblasser die Immobilie erst kurz vor seinem Tode selbst erworben hat und der Verkauf zeitnah danach erfolgen soll. Dann kann der angemessene Kaufpreis aus dem diesem Kauf abgeleitet werden, vorausgesetzt der Zustand der Immobilie ist unverändert.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge