Rz. 267
Der Vorerbe bleibt aber nach den allgemeinen Regeln weiterhin berechtigt,
▪ | über seinen Erbteil zu Lebzeiten nach § 2033 BGB, allerdings unbeschadet der Nacherbfolge,[466] zu verfügen |
▪ | die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft zu verlangen[467] (der nicht befreite Vorerbe bedarf der Zustimmung des Nacherben, wenn zum Nachlass Grundbesitz gehört), um an das Auseinandersetzungsguthaben nach § 2047 BGB zu gelangen |
▪ | die ihm angefallene Erbschaft zu verkaufen (§§ 2371 ff. BGB) |
▪ | auf die Ausübung seiner Rechte als Vorerbe zu verzichten |
▪ | die Erbschaft vor Eintritt des Nacherbschaftsfalles auf den Nacherben zu übertragen |
▪ | die Erbschaft auszuschlagen und ggf. den Pflichtteilsanspruch nach § 2306 BGB geltend zu machen. |
Rz. 268
Falllösung Fallbeispiel 28:
Die Begriffe Vorerbschaft und Nacherbschaft müssen in einer letztwilligen Verfügung nicht zwingend vorkommen. Vor- und Nacherbschaft kann auch dann angenommen werden, wenn es zu einer sprachlichen Umschreibung der Erblasserwünsche kommt.[468] Es muss sich für eine Vorerbschaft/Nacherbschaft – ggf. durch Auslegung[469] oder durch gesetzliche Auslegungsregeln[470] – nur ergeben, dass der Erblasser einen zeitlich unter mindestens zwei Erben aufgespaltenen Erbfall gewollt hat.[471] Dabei ist zur Annahme einer Vor- und Nacherbschaft nicht zwingend erforderlich, dass der Nacherbe namentlich benannt ist. Dieser kann auch durch die gesetzlichen Auslegungsvorschriften der §§ 2104, 2105 BGB individualisiert werden.[472] Eine Vor- und Nacherbschaft kann also auch dann angenommen werden, wenn der Erblasser ver- oder gebietet, den Nachlass an andere als Blutsverwandte weiterzuvererben,[473] den im Wesentlichen den Nachlass ausmachenden Immobilienbesitz an "andere als die Abkömmlinge der Söhne zu übergeben"[474] oder zugunsten bestimmter Personen zu testieren. Es kann also eine auf den ersten Blick nicht erkennbare Vorerbschaft/Nacherbschaft angeordnet worden sein.
Rz. 269
Für diese gilt § 2113 BGB mit der Rechtsfolge, dass die Verfügung über die Immobilie unwirksam – hinausgeschoben auf den Zeitpunkt des Nacherbfalles – ist. Einer Einigung über die Erfüllung eines Schenkungsrückforderungsanspruchs steht dies entgegen. Die Erfüllung eines mutmaßlichen Schenkungsrückforderungsanspruchs gegenüber dem Sozialamt, die auf den Nacherbfall unwirksam wird, kann zwar ggf. über Bereicherungsrecht gelöst werden. Der Beschenkte steht wegen der Unwirksamkeit der Verfügung am Ende aber ohne die Immobilie da.
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