Rz. 111

Der Erbe haftet nach § 1967 BGB für die Nachlassverbindlichkeiten. Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen. Inwieweit sich hieraus gleichzeitig das Recht des bedürftigen Erben ergibt, diese Verbindlichkeiten – insbesondere Pflichtteilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen – vom zugeflossenen Nachlass in Abzug zu bringen,[205] ist bisher im SGB XII noch nicht entschieden worden. Für das SGB II werden Kosten für die Ausstellung des Erbscheins oder Bestattungskosten akzeptiert.[206]

 

Rz. 112

Andere Verbindlichkeiten werden bisher nicht abgezogen, auch dann nicht, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise einen Bezug zu dem Vermögensgegenstand aufweisen. Wie ein Pflichtteilsanspruch einzuordnen ist, hat die Rechtsprechung jedenfalls insoweit beantwortet, als dass der reine Anspruch als Abzugsposten nicht ausreicht. Ist nicht belegt, dass der Pflichtteilsanspruch erfüllt ist oder alsbald erfüllt wird, findet er auch keine Berücksichtigung.[207] Es wird also nichts abgezogen, solange nichts geltend gemacht oder ausgezahlt wurde. Ansprüche gegen Erben, die möglicherweise bestehen, aber nicht geltend gemacht wurden, oder Forderungen, die vom Erben tatsächlich nicht beglichen werden, sind nicht zu berücksichtigen.[208] Eine andere Richtung ist für das SGB XII nicht zu erwarten.

Eine Grenze muss diese Betrachtungsweise allerdings finden, wenn das Geld tatsächlich verbraucht ist. Das Prinzip der Menschenwürde i.V.m. dem Faktizitätsprinzip verbietet es, den Hilfesuchenden ohne jede Versorgung zu lassen.

[205] Diskutiert, aber offengelassen von LSG Hamburg v. 23.2.2017 – Az.: L 4 As 277/16, sozialgerichtsbarkeit.de 193855 und Az.: L 4 As 547/15, sozialgerichtsbarkeit.de 193766.
[206] LSG Hamburg v. 23.2.2017 – Az.: L 4 As 277/16, sozialgerichtsbarkeit.de 193855.
[207] LSG Hamburg v. 23.2.2017 – Az.: L 4 As 547/15, sozialgerichtsbarkeit.de 193766.
[208] LSG Hamburg v. 23.2.2017 – Az.: L 4 AS 277/16, sozialgerichtsbarkeit.de 193855 m.w.N.

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