Rz. 30

Ein Ausschluss vom sachlichen Anwendungsbereich der §§ 327 ff. BGB (Bereichsausnahmen und Abgrenzungen)[117] – wobei "einige Ausnahmen (…) mehr Verwirrung als Klarheit (stiften)"[118] – besteht hingegen nach § 327 Abs. 6 BGB in Umsetzung von Art. 3 Abs. 5 Digitale-Inhalte-RL (weil, jedenfalls in Bezug auf die Nrn. 2, 3, 5 und 8 unionsrechtliche Spezialbestimmungen mit korrespondierenden Umsetzungsakten als Sonderregelungen bestehen)[119] für

Verträge über andere Dienstleistungen als digitale Dienstleistungen, unabhängig davon, ob der Unternehmer digitale Formen oder Mittel einsetzt, um das Ergebnis der Dienstleistung zu generieren oder es dem Verbraucher zu liefern oder zu übermitteln (Nr. 1,[120] wortgleich mit Art. 3 Abs. 5 Buchst. a der Digitale-Inhalte-RL).

Darunter fallen bspw.[121] die Erbringung freiberuflicher Dienstleistungen (wie Übersetzungsleistungen, Dienstleistungen von Architekten, juristische Dienstleistungen oder sonstige Fachberatungsleistungen), die ein Unternehmer, auch unter Einsatz digitaler Mittel, persönlich erbringt. Dies gilt auch dann, "wenn eine Übermittlung eines entsprechenden Gutachtens des Freiberuflers, der nach dem Vertragszweck eine analoge Bereitstellung des Gutachtens schuldet, digital, z.B. per Mail, erfolgt".[122] "Sofern die Regelungen jedoch auf den entsprechenden Dienstleistungen vorgelagerte oder diese ergänzende digitale Produkte Anwendung finden, z.B. bei Legal-Tech-Angeboten, wie Dokumentengeneratoren oder Legal-Chatbots, ist mit Blick auf das Gewährleistungsrecht zwischen den Inhalten und den Ergebnissen der Dienstleistung einerseits und der durch die (gemäß §§ 327 ff. BGB) geregelten Gewährleistung für die technische Bereitstellung des digitalen Produkts andererseits zu differenzieren".[123]

Verträge über Telekommunikationsdienste i.S.d. § 3 Nr. 61 TKG (elektronische Kommunikationsdienste) in mit Ausnahme (als Ausnahme von der Ausnahme) von nummernunabhängigen interpersonellen Telekommunikationsdiensten i.S.d. § 3 Nr. 40 TKG (Nr. 2[124] in Umsetzung von Art. 3 Abs. 5 Buchst. b der Digitale-Inhalte-RL: "elektronische Kommunikationsdienste im Sinne des Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie (EU) 2018/1972, ausgenommen nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste im Sinne des Art. 2 Nr. 7 der genannten Richtlinie").

Vom Anwendungsbereich der §§ 327 ff. BGB bleiben damit bspw.[125] weiter erfasst (als Ausnahme von der Ausnahme) webbasierte E-Mail-Dienste, Online-Mitteilungsdienste wie etwa Instant Messenger Services.

ärztliche Behandlungsverträge nach § 630a ff. BGB (Nr. 3[126] in Umsetzung von Art. 3 Abs. 5 Buchst. c der Digitale-Inhalte-RL).

Gesundheitsdienstleistungen im Sinne des Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 2011/24/EU[127] sind bspw.[128] der Erwerb eines digitalen Medizinprodukts, das nicht von Angehörigen eines Gesundheitsberufs verschrieben oder bereitgestellt werden muss bzw., über die Richtlinie hinausgehend, verschrieben worden ist, etwa mobile Applikationen zur Selbstmessung oder Patiententagebücher.

Beachte: Damit ist nur die ärztliche Behandlung selbst vom Anwendungsbereich der §§ 327 ff. BGB ausgeschlossen.[129]

Verträge über Glücksspieldienstleistungen, die einen geldwerten Einsatz erfordern und unter Zuhilfenahme elektronischer oder anderer Kommunikationstechnologien auf individuellen Abruf eines Empfängers erbracht werden (Nr. 4[130] in Umsetzung von Art. 3 Abs. 5 Buchst. d der Digitale-Inhalte-RL: "Elektronisch oder mit jeder anderen Technologie, die eine Kommunikation ermöglicht, und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Glücksspieldienstleistungen, also Dienstleistungen, die bei Glücksspielen wie Lotterien, Kasinospielen, Pokerspielen und Werten, einschließlich Spielen, die eine gewisse Geschicklichkeit voraussetzen, einen geldwerten Einsatz erfordern").

Gewinnspiele ohne finanziellen Einsatz oder Gratisspiele sind von der Ausnahme jedoch nicht erfasst und unterfallen der Digitale-Inhalte-RL.[131] "Hintergrund für diese Ausnahmebestimmung ist, dass das Online-Glücksspielrecht bislang überhaupt noch keine unionsrechtliche Regelung erfahren hat, weshalb sich die DIRL in diesem Bereich ebenfalls ausdrücklich zurückhalten wollte".[132]

Verträge über Finanzdienstleistungen i.S.v. § 312 Abs. 6 Satz 1 BGB[133] (in Umsetzung von Art. 2 Nr. 12 VerbrRRL)[134] (Nr. 5[135] in Umsetzung von Art. 3 Abs. 5 Buchst. e der Digitale-Inhalte-RL: "Finanzdienstleistungen im Sinne des Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2002/65/EWG").

Dies liegt nach Erwägungsgrund 30 der Digitale-Inhalte-RL darin begründet, dass in diesem Bereich bereits unionsrechtliche Sonderbestimmungen bestehen. Der Begriff der "Finanzdienstleistung" ist grundsätzlich weit zu verstehen, weshalb darunter bspw.[136] digitale Produkte i.w.S. fallen, die mit "Finanzdienstleistungen in Verbindung stehen oder mit denen Zugang zu Finanzdienstleistungen gewährt wird".

Verträge über freie und quelloffene Software (Nr. 6[137] in Umsetzung von Art. 3 Abs. 5 Buchst. f der Digitale-Inh...

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