Rz. 14

 

Beispiel 1

Der Anwalt soll außergerichtlich die Trennungsunterhaltsansprüche der Ehefrau und den Kindesunterhalt durchsetzen oder abwehren (Werte: 500,00 EUR und 300,00 EUR monatlich); er entfaltet eine überdurchschnittlich umfangreiche Tätigkeit. Wie ist abzurechnen?

 
(a) Können zwei Angelegenheiten abgerechnet werden?  
  Das ergäbe folgendes Ergebnis:  
  Ehegattenunterhalt  
  1,5 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG  
  (Wert: 6.000,00 EUR)  
  (§ 23 Abs. 1 S. 1, 3 RVG, § 51 Abs. 1 FamGKG) 531,00 EUR
  Kindesunterhalt  
  1,5 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG  
  (Wert: 3.600,00 EUR)  
  (§ 23 Abs. 1 S. 1, 3 RVG, § 51 Abs. 1 FamGKG) 378,00 EUR
  Gebührenaufkommen 909,00 EUR
 
(b) Muss es als eine Angelegenheit abgerechnet werden?  
  Dann sieht die Abrechnung wie folgt aus:  
  Unterhalt Frau und Kind  
  1,5 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG  
  (Wert: 9.600,00 EUR)  
  (§ 23 Abs. 1 S. 1, 3 RVG, § 51 Abs. 1 FamGKG, § 22 Abs. 1 RVG)  
  Gebührenaufkommen 837,00 EUR
  Die Postentgeltpauschale fällt für jede Angelegenheit einmal an  
  (Nr. 7002 VV RVG)  
 

Beispiel 2

Der Anwalt soll Trennungsunterhalt (Wert: 7.200,00 EUR) und Umgangsrecht (Wert: 3.000,00 EUR) außergerichtlich durchsetzen oder abwehren.

 
(a) Falls zwei Angelegenheiten abzurechnen sind,  
  ergeben sich bei einem Ansatz von weiterhin 1,5  
  für den Trennungsunterhalt 684,00 EUR
  für das Umgangsrecht 301,50 EUR
  Gebührenaufkommen 985,50 EUR
(b) Wenn eine Angelegenheit abgerechnet wird, sind das 906,00 EUR
 

Beispiel 3

Es geht zwischen den Ehegatten um die Zuweisung der Ehewohnung (Wert: 4.000,00 EUR), im Verhältnis zu den Schwiegereltern um den Aufwand für den Ausbau dieser Wohnung (Wert: 20.000,00 EUR), die im schwiegerelterlichen Haus ist.

 
(a) Werden zwei Angelegenheiten abgerechnet,  
  ergeben sich bei einem Ansatz von 1,5  
  für die Zuweisung der Ehewohnung 378,00 EUR
  für die Forderung der Schwiegereltern 1.113,00 EUR
  Gebührenaufkommen 1.491,00 EUR
(b) Wenn eine Angelegenheit abzurechnen ist,  
  ergeben sich bei einem Ansatz von 1,5 1.182,00 EUR
 

Rz. 15

Eine Überprüfung der Kriterien der "Angelegenheit" ergibt, dass in allen Fällen ein "einheitlicher Auftrag" vorliegt. Der "einheitliche Auftrag" wird dann angenommen, wenn Einigkeit besteht, dass die mehreren Ansprüche gemeinsam behandelt werden sollen. Unter dieser Voraussetzung kann auch dann, wenn der Anwalt zu verschiedenen Zeiten beauftragt wird, ein einheitlicher Auftrag angenommen werden.[9] Der "innere Zusammenhang" liegt bei den Familiensachen vor (Beispiele 1 und 2). Beim Beispiel 3, in dem es um Bereicherungs- oder ähnliche Ansprüche der Schwiegereltern geht, wurde bisher der innere Zusammenhang abgelehnt und nur ein äußerer Zusammenhang angenommen. Der "gleiche Rahmen", für den der gleiche Prozessweg beim Scheitern des außergerichtlichen Mandats das Indiz ist, wird den Ausschlag geben. Im Gegensatz zum Beratungsmandat ist das Gerichtsverfahren – wenngleich es vermieden werden soll – zumindest als Alternative für den Fall des Scheiterns vorhanden. Die Anzahl der im Prozessfall zu führenden Verfahren sollte darüber entscheiden, ob und inwieweit im außergerichtlichen Mandat eine Angelegenheit oder mehrere Angelegenheiten vorliegen, wenn die übrigen Voraussetzungen – innerer Zusammenhang, einheitlicher Auftrag – vorliegen. Folgt man dem, ergibt sich für die Beispielsfälle Folgendes:

 

Rz. 16

 

Lösung Beispiel 1

Die Unterhaltsansprüche des Ehegatten und des Kindes sind eine Angelegenheit. Sie können und werden – zumal in aller Regel die Ehegattenunterhaltsansprüche der Höhe nach vom Kindesunterhalt abhängig sind – in ein- und demselben Gerichtsverfahren geltend gemacht.

 

Rz. 17

 

Lösung Beispiel 2

Trennungsunterhalt und elterliche Sorge/Umgang sind zwei Angelegenheiten. Sie können (außerhalb des Ehescheidungsverbundes) nicht in einem Verfahren geltend gemacht werden, weil der Unterhalt ein Zivilprozessverfahren und die elterliche Sorge/der Umgang ein Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit ist. Diese Lösung entspricht auch der Mandantenerwartung. Auch "im Leben" würde man bei Unterhalt und Umgang verschiedene Vorgänge und nicht einen "einheitlich zu bearbeitenden Lebensvorgang" sehen.

 

Rz. 18

 

Lösung Beispiel 3

Bisher wurde angenommen, dass zwischen einer Familiensache und einer Nichtfamiliensache (einerseits die Wohnungszuweisung, andererseits das Schwiegerelterndarlehen) kein innerer Zusammenhang besteht, sondern zwei Angelegenheiten vorliegen.[10] § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ordnet zwar unter die sonstigen Familiensachen Ansprüche der Schwiegereltern gegen Schwiegerkinder, die im Zusammenhang mit Trennung oder Scheidung erhoben werden, unter die Familiensachen ein. Selbst wenn man den "inneren Zusammenhang" im gebührenrechtlichen Sinn annimmt: Es sind zwei verschiedene Verfahrensarten, also zwei Angelegenheiten.

 

Rz. 19

Liegen hiernach mehrere Angelegenheiten vor, werden diese auch durch eine Viererbesprechung, in der die mehreren Gegenstände erörtert werden, nicht zu einer Angelegenhei...

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