Rz. 1

Inkassokosten können und sollten[1] vom Gläubiger im vorgerichtlichen Forderungsinkasso als ein Teil der mit dem Schuldner zu treffenden Zahlungsvereinbarung, d.h. in einer Raten- oder Teilzahlungsvereinbarung bzw. einem Abfindungsvergleich berücksichtigt werden. Dies ist in zwei Formen möglich:

Zum einen kann eine gesonderte Kostenregelung getroffen werden, wonach der Schuldner die bisher entstandenen Kosten bis zur Höhe der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 Abs. 1 oder Abs. 2 VV RVG[2] sowie die Kosten der Einigung nach Nr. 1000 Nr. 1 oder Nr. 2 VV RVG trägt.

Zum anderen können diese Kosten betragsmäßig in ein abstraktes Schuldanerkenntnis nach §§ 780, 781 BGB einbezogen werden. Durch die Begründung einer neuen Verbindlichkeit sind sie so dem Streit entzogen.

Das setzt eine hinreichende Aufklärung des Schuldners über die Zusammensetzung des anerkannten Betrages voraus. Diese schon in der Vorauflage vertretene Auffassung ist jetzt mit den Hinweispflichten nach § 13a Abs. 4 RDG zur gesetzlichen Verpflichtung geworden. Fordert ein Inkassodienstleister eine Privatperson zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses auf, so hat er sie danach mit der Aufforderung zumindest in Textform – die beim abstrakten Schuldanerkenntnis wegen des Schriftformerfordernisses nach §§ 780, 781 BGB leer läuft – darauf hinzuweisen, dass sie durch das Schuldanerkenntnis in der Regel die Möglichkeit verliert, solche Einwendungen und Einreden gegen die anerkannte Forderung geltend zu machen, die zum Zeitpunkt der Abgabe des Schuldanerkenntnisses begründet waren. Der Hinweis muss deutlich machen, welche Teile der Forderung vom Schuldanerkenntnis erfasst werden und typische Beispiele von Einwendungen und Einreden benennen, die nicht mehr geltend gemacht werden können, wie das Nichtbestehen, die Erfüllung oder die Verjährung der anerkannten Forderung.

 

Hinweis

Tatsächlich ist ein "Verlust" von Einreden oder Einwendungen selbst beim abstrakten Schuldanerkenntnis nicht zu sehen. Der Schuldner kann das abstrakte Schuldanerkenntnis nach § 812 BGB kondizieren, wenn es von der tatsächlichen Verpflichtung aus dem Grundgeschäft abweicht und insoweit ohne rechtlichen Grund abgegeben wurde. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft den Schuldner. Das ist angemessen, weil sich die Beweissituation des Gläubigers durch den verzögerten Forderungsausgleich verschlechtert. Zeugen können sich mit zunehmendem Zeitablauf nicht mehr erinnern oder sonstige Beweismittel könnten verloren gehen.

Bei der ersten wie der zweiten Alternative anerkannten Inkassokosten wandelt sich der gesetzliche Schadensersatzanspruch in einen vertraglichen Erstattungsanspruch.[3] Das wird in der gerichtlichen Praxis nicht selten verkannt. Die Leistungen des Schuldners sind dann nach den maßgeblichen Regelungen des § 367 BGB auf diese Kosten mit zu verrechnen.

 

Rz. 2

Soweit der Schuldner auf die Mahnansprachen im vorgerichtlichen Inkasso nicht reagiert und weder die Hauptforderung noch die Inkassokosten ausgleicht, müssen diese tituliert werden, wenn die Verjährung von Haupt- und Nebenansprüchen verhindert werden soll.[4] Die Titulierung der Inkassokosten folgt dabei der Titulierung der Forderung im Hauptsacheverfahren.

 

Rz. 3

Kommt eine Titulierung in Form eines notariellen Schuldanerkenntnisses mit der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung aus der Urkunde als Vollstreckungstitel nach § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nicht in Betracht, kann die Titulierung im Mahnverfahren oder aber im streitigen Erkenntnisverfahren erfolgen.

[1] Zur Vermeidung der sonst aus der entsprechenden Anwendung von § 98 ZPO folgenden Kostenaufhebung im Hinblick auf die Einigungsgebühr, siehe § 2 unter D.
[2] Hierzu die Regelung in § 13e Abs. 1 RDG.
[3] Vgl. die Ausführungen in § 2.
[4] Ist eine Realisierung nach Titulierung gleichfalls dauerhaft unwahrscheinlich, nehmen Inkassodienstleister die Forderungen nicht selten in eine vorgerichtliche Langzeitüberwachung, in der dann im Rahmen von Zahlungsvereinbarungen oder Moratorien der berechtigte Versuch unternommen wird, die Verjährungsfrist auf materiell-rechtlicher Basis im Rahmen von § 202 Abs. 2 BGB zu verlängern.

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