Rz. 146

Die Erhebung einer Stufenklage ist dem im Erbrecht tätigen Rechtsanwalt nicht fremd. So werden z.B. Herausgabeklagen gegen den Erbschaftsbesitzer gem. § 2027 BGB und Pflichtteilsansprüche häufig auf diesem Wege geltend gemacht. Sie weist einige prozessuale Besonderheiten auf, die zu beachten sind.

Die Stufenklage erfolgt regelmäßig in drei Stufen:

1. Stufe: Klage auf Auskunft und Rechnungslegung
2. Stufe: Klage auf eidesstattliche Versicherung
3. Stufe: Klage auf Zahlung und/oder Herausgabe.
 

Rz. 147

Mit Zustellung der Stufenklage werden alle darin gemachten Ansprüche rechtshängig. Daraus wird zuweilen geschlossen, dass in der mündlichen Verhandlung auch alle Klageanträge gestellt werden müssen, was mit der üblichen Floskel: "Der Klägervertreter stellt die Anträge aus der Klageschrift", unter dem Kopfnicken des Rechtsanwalts vom Richter in das Protokoll diktiert wird.

 

Rz. 148

Das ist nicht ungefährlich! Auch wenn viele Gerichte mangels Kenntnis des Verfahrensablaufs aus Routine so verfahren, würde sich der Rechtsanwalt gegenüber seinem Mandanten möglicherweise schadensersatzpflichtig machen (siehe auch Rdn 161 ff.), wenn die dritte Stufe mangels Zahlungsanspruchs unbegründet ist. Richtigerweise ist über jeden Antrag der Stufenklage gesondert zu verhandeln und durch Teilurteile, Teilendurteile,[129] und in der letzten Stufe durch Schlussurteil zu entscheiden. Die Zwischensätze im Antragsrubrum des nachfolgenden Formulierungsbeispiels (siehe Rdn 152) sollen dies nochmals verdeutlichen.

 

Rz. 149

Da der Abschluss der einen Stufe den Eintritt in die nächste Stufe bedingt, ist vor allem darauf zu achten, dass der Auskunftsanspruch nicht nur rechtskräftig tituliert ist, sondern auch erfüllt ist. Wichtig ist auch, dass ein Termin zur Verhandlung über die nächste Stufe nur auf Antrag einer Partei bestimmt wird.[130] Dies ist notwendig, da gem. § 128 Abs. 1 ZPO Klageanträge mündlich gestellt werden müssen.

 

Rz. 150

Zu lange darf man mit der Fortsetzung der Stufenklage nicht warten, weil gem. § 204 Abs. 2 BGB die Hemmung der Verjährung endet, sofern das Verfahren nicht binnen sechs Monaten nach Erledigung der vorangegangenen Stufe endet.

Andererseits ist es dem Kläger unbenommen eine Stufe zu überspringen, z.B. weil er durch anderweitige Informationsquellen in der Lage ist, auch ohne die Auskunft einen Zahlungsantrag zu stellen. Gemäß § 264 Nr. 2 ZPO ist darin keine Klageänderung zu sehen.

 

Rz. 151

 

Hinweis

Wenn der Klägervertreter neue verwertbare Erkenntnisse hat, kann er mit einer Teilklage auf der dritten Stufe einen Überraschungsangriff verbuchen, der den Beklagten möglicherweise in Bedrängnis – auch wegen des Auskunftsanspruchs – bringen wird. Es ist dabei aber klarzustellen, dass der Auskunftsanspruch im Übrigen aufrechterhalten bleibt.

 

Rz. 152

Muster 3.6: Anträge in der Stufenklage gegen den Bevollmächtigten

 

Muster 3.6: Anträge in der Stufenklage gegen den Bevollmächtigten

An das Landgericht _________________________

Stufenklage

des _________________________ gegen die _________________________

Wegen Auskunft, Rechenschaft und Zahlung

Im Namen des Klägers erhebe ich Klage und werde in der mündlichen Verhandlung beantragen wie folgt zu erkennen:

1.

Die Beklagte wird verurteilt,

a) dem Kläger ein Bestandsverzeichnis über den Nachlass des am _________________________ verstorbenen _________________________ zum Stichtag _________________________ vorzulegen,
b) dem Kläger Auskunft über den Stand der Rechtsgeschäfte zu erteilen, die sie in Ausübung der Vorsorgevollmacht des verstorbenen _________________________ vom _________________________ getätigt hat,
c) dem Kläger eine geordnete und vollständige Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben vorzulegen, die in Ausübung der mit dieser Vorsorgevollmacht getätigten Verfügungen erfolgt sind und
d) dem Kläger sämtliche hierzu bestehenden Belege und Urkunden in Form von Verträgen, Rechnungen, Auftragsbestätigungen, Kontoauszügen des Girokontos Nr. _________________________ bei der _________________________-Bank in geordneter Form herauszugeben.[131]

Nach Erledigung dieses Antrags behalte ich mir folgenden Antrag vor:

2. Die Beklagte wird für den Fall, dass sie die Auskünfte in den Klageanträgen 1a) bis c) nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt, verurteilt, die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides Statt zu versichern.

Schließlich werde ich nach Erledigung Klageanträge zu 1. und 2. beantragen:

3.

Die Beklagte wird verurteilt,

a) an den Kläger einen noch zu beziffernden Betrag nebst Zinsen seit dem _________________________ zu zahlen sowie
b) an den Kläger die noch zu bestimmenden Gegenstände herausgeben.

_________________________ (Kosten-/Verfahrensanträge)

Begründung:

_________________________

(Für die Begründung der Stufenklage kann hinsichtlich der ersten beiden Stufen auf das Formulierungsbeispiel für die Auskunftsklage verwiesen werden (siehe Rdn 145).

Die Klagebegründung der dritten Stufe erfolgt dann im Wesentlichen durch den Tatsachenvortrag, der sic...

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