Rz. 78

Durch den Auslandseinsatz des Mitarbeiters verändern sich auch die Rechte und Pflichten zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Die Rechte und Pflichten werden z.T. in dem Arbeitsvertrag, der den Auslandseinsatz regelt, niedergeschrieben. Neben diesen dort niedergeschriebenen Rechten und Pflichten gibt es auch solche, die als Nebenpflichten aus dem Arbeitsverhältnis bezeichnet werden, nämlich die Fürsorgepflichten des Arbeitgebers und die Treuepflichten des Arbeitnehmers. Darüber hinaus bestehen Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien, die sich aus gesetzlichen Regelungen ergeben. In den meisten Arbeitsverträgen, die für die Auslandstätigkeiten geschlossen werden, werden die Hauptpflichten aus dem Arbeitsverhältnis geregelt. Häufig wird dabei jedoch übersehen, dass durch die Auslandstätigkeit des Mitarbeiters vielfältige Probleme entstehen können, die von den arbeitsvertraglichen Regelungen nicht erfasst werden. Einen Arbeitsvertrag zu entwerfen, der sämtliche Lebenssachverhalte, die sich während eines Arbeitsverhältnisses ergeben können, abdeckt, ist sicherlich nicht möglich. Ein solches Werk müsste dann schon die Struktur eines Tarifvertrags besitzen. Aber auch durch einen Tarifvertrag lassen sich nicht alle Sachverhalte eines Arbeitsverhältnisses regeln, wie die hierzu ergangene Rechtsprechung zeigt.

 

Rz. 79

Nachfolgend sollen die Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, insb. die sich ergebenden Risiken, dargestellt werden. Zudem wird erläutert, welche Regelungen für Arbeitsverträge beim Einsatz von Mitarbeitern im Ausland unverzichtbar sind, wie z.B.

welchem Recht der Vertrag unterliegen soll,
Regelungen über den Rückruf bzw. die Abberufung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber aus dem Ausland,
die Aufnahme einer Gerichtsstandsvereinbarung oder
Regelungen über die Rückkehr des Arbeitnehmers in das deutsche Arbeitsverhältnis.

Des Weiteren wird auf die zu beachtenden Gesetze und die sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien eingegangen.

 

Rz. 80

Ein Auslandseinsatz vollzieht sich in drei Phasen. Die erste Phase betrifft den Transfer des Mitarbeiters in das Ausland und damit die Frage, welche Maßnahmen und Handlungen notwendig sind, um den Einsatz des Mitarbeiters im Ausland rechtsgültig und erfolgreich zu gestalten. Die zweite Phase betrifft die Tätigkeit des Mitarbeiters im Ausland und damit die Fragestellungen, inwieweit die sich im Ausland ergebenden Lebenssachverhalte durch den Arbeitsvertrag geregelt werden können oder welche Risiken darüber hinaus bestehen. Die dritte Phase betrifft die Rückkehr und Integration des Mitarbeiters, wenn der Auslandseinsatz beendet wird.

I. Vorbereitung des Auslandseinsatzes

 

Rz. 81

Zur Vorbereitung des Auslandseinsatzes gehört, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenseitig über die Bedingungen und persönlichen Bedürfnisse informieren. Diese gegenseitige Informationspflicht kennzeichnet die arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten ebenso wie die arbeitnehmerseitigen Treuepflichten.

1. Fürsorgepflichten des Arbeitgebers

 

Rz. 82

Inhalt und Umfang der Fürsorgepflichten als Nebenpflichten des Arbeitgebers richten sich nach § 242 BGB, d.h. nach Treu und Glauben. Die Anerkennung von Fürsorgepflichten und die Bestimmung ihres Inhalts und Umfangs im Einzelfall bereiten schon bei reinen Inlandssachverhalten Probleme und sind durch eine umfangreiche Kasuistik der Gerichte gekennzeichnet. Eine Konkretisierung kann nur durch eine umfassende Abwägung der Interessen des Arbeitgebers und Arbeitnehmers erreicht werden. Auszugrenzen aus den Fürsorgepflichten sind neben den Hauptleistungspflichten (z.B. Lohnzahlungspflicht oder Entgeltfortzahlung) auch jene Nebenpflichten, die eng mit den Hauptleistungspflichten verbunden sind, wie z.B. die aus der Lohnzahlungspflicht resultierende Abrechnungspflicht.

Durch den Auslandsaufenthalt ändern sich die Arbeitsbedingungen für den Arbeitnehmer erheblich, sodass es als eine Pflicht des Arbeitgebers anzusehen ist, diesen umfassend hierüber aufzuklären und zu informieren. Die Fürsorgepflicht ist dahin gehend begrenzt, dass nur auf die Arbeitnehmerinteressen Rücksicht zu nehmen ist, die für das Arbeitsverhältnis und den Auslandseinsatz relevant sind.[3] Grds. kann man festhalten, dass die Fürsorgepflichten des Arbeitgebers umso größer sein dürften, je länger und intensiver sich der Auslandsaufenthalt gestaltet. Genauso abhängig ist der Umfang der Fürsorgepflichten vom Ort des Auslandseinsatzes. Dieselbe Aufgabe kann bei einem Einsatz in Afghanistan deutlich andere Pflichten hervorrufen, als bspw. innerhalb der EU.

 

Rz. 83

Die Fürsorgepflicht geht hingegen nicht soweit, dass der Arbeitgeber durch die Auslandstätigkeit zum Sachverwalter für sämtliche wirtschaftliche Interessen des Arbeitnehmers wird. Er muss den Arbeitnehmer aber über seine Aufgabe, die Arbeitsmodalitäten und die an ihn gestellten Anforderungen genauestens informieren. Er muss ihm daher die für ihn geltenden Arbeits- und Urlaubszeiten ebenso mitteilen, wie die finanziellen Aspekte hinsichtlich Gehalt ...

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