Mitarbeiterentsendungen rechtssicher gestalten

Die seit Corona besonders stark genutzte und erweiterte Palette der möglichen Entsendeformen stellt viele Arbeitgeber vor neue Aufgaben. Virtuelle Entsendungen und grenzüberschreitende Mobilarbeit sind keine Ausnahmen mehr. Die dabei zu beachtenden Regeln sind vielfältig und ständigen Fortentwicklungen unterworfen.

Die Internationalisierung ist für viele deutsche Unternehmen ein wichtiger Bestandteil ihrer Geschäftsstrategie. Zwei wichtige Treiber für die Expansion ins Ausland sind einerseits das Erschließen neuer Absatzmärkte und andererseits der Zugang zu kostengünstigerer Produktion. Bereits bei den ersten Schritten ins Ausland kommt es zu kurzfristigen grenzüberschreitenden Einsätzen von Mitarbeitern bspw. von Mitgliedern der Geschäftsführung, des Vertriebs oder der Beschaffung. Je weiter entwickelt die Auslandsaktivitäten sind, desto wahrscheinlicher kommen langfristige Einsätze von Mitarbeitern in ausländischen Tochtergesellschaften hinzu.

Viele Formen des Auslandseinsatzes

Die von Arbeitgebern für die Auslandseinsätze ihrer Mitarbeiter genutzten Formen haben sich in den vergangenen Jahren erweitert. Wurde noch Mitte der 1990er-Jahre fast ausschließlich zwischen Langfrist- und Kurzfristeinsätzen sowie Dienstreisen unterschieden, sind seitdem Direkteinstellungen im Ausland (Foreign Local Hires oder International Local Hires), Commuter, Rotatoren, internationale Trainee-Programme und die Nutzung von ausländischen Freelancern hinzugekommen. Die Corona-Pandemie hat dann die verbreitete Nutzung weiterer Formen von grenzüberschreitendem Arbeiten erfordert und gefördert: insbesondere virtuelle Entsendungen und grenzüberschreitende Mobilarbeit, sei es aus dem ausländischen Homeoffice oder bspw. einer Ferienwohnung.

Komplexe Anforderungen und Risiken

Die in diesem Zusammenhang zu beachtenden Regelungen sind vielfältig und ständigen Fortentwicklungen unterworfen. Visa und Arbeitserlaubnisse gehören zwar – wie der Wunsch nach dem Verbleib in der Heimatland-Sozialversicherung – zu den Standard-Anforderungen, doch können im Einzelfall die Regelungen komplex sein, insbesondere für die neuen Formen des Auslandseinsatzes wie die grenzüberschreitende Mobilarbeit.

Die Beachtung steuerlicher Regelungen im In- und Ausland durch den Arbeitgeber und den Arbeitnehmer ist ebenfalls sicherzustellen. Relativ neue Regelungen zu Entsendemeldungen nach der EU-Entsenderichtlinie oder die Erfüllung des im Sommer 2022 eingeführten Grundsatzes "Equal Pay for Equal Work" stellen die Arbeitgeber vor immer neue Herausforderungen, denn selbst nach der Einführung einer Neuregelung gibt es nicht sofort in allen Ländern klare Regelungen zur nationalen Umsetzung. Hieraus resultieren Risiken, deren Arbeitgeber sich bewusst sein sollten.

Damit Arbeitgeber rechtzeitig entscheiden können, ob sie für eine grenzüberschreitende Beschäftigung die Unterstützung eines externen Dienstleisters in Anspruch nehmen, ist ein gutes Grundverständnis der verschiedenen Aspekte eines Auslandseinsatzes hilfreich. Hier muss nicht das Ziel sein, einen Überblick über alle denkbaren Einzelfälle zu erhalten. Vielmehr sollte das Augenmerk auf aktuellen und wesentlichen Fragestellungen liegen.

Erfolgreiches Mobility-Management

Der Bereich Global Mobility hat in seiner Bedeutung und seinen Tätigkeiten für Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit einen tiefgreifenden Wandel erlebt, der zusätzlich durch Corona und den Mobility-Bereich betreffende Änderungen der rechtlich verpflichtenden Vorgaben weiter vorangetrieben wird. Deutlich mehr Unternehmen sehen sich daher zum Handeln im Bereich Global Mobility veranlasst, um empfindliche Strafen und Blacklisting aufgrund von Compliance-Verstößen z. B. im Bereich der EU-Entsenderichtlinie (PWD – Posted Workers Directive) zu vermeiden.

Global Mobility befindet sich im kontinuierlichen Wandel. Nicht zuletzt durch die Auswirkungen der Pandemie wurden verschiedene Entwicklungen, welche sich bereits zuvor abzeichneten, beschleunigt. Dies verändert nicht nur die Anforderungen an die Themen, denen sich die Global-Mobility-Abteilung widmen muss; die jüngsten Entwicklungen sorgen auch dafür, dass sich Unternehmen, welche zuvor wenige bis keine Berührungspunkte mit Global Mobility hatten, mit Themen beschäftigen müssen, für die unternehmensintern noch keine umfassenden Prozesse und Regelungen aufgestellt wurden.

Die im Rahmen von internationalen Mitarbeitereinsätzen zu diskutierenden Themen, die aktuell auf der Agenda der Unternehmen stehen und sowohl im allgemeinen Diskurs als auch in der praktischen Umsetzung Beachtung finden sollten, sind beispielsweise:

  • Entwicklungen bei internationalen Personalbewegungen,
  • steigende Diversifizierung innerhalb der Entsendetypen und
  • zukünftig zu erwartende Tendenzen bei internationalen Dienstreisenden und grenzüberschreitendem Homeoffice.

Außerdem wichtig sind die zu beachtenden Regelungen und zu definierenden Leistungspakete bei "International Hires", da auch dieser Punkt bei internationalen Sourcing-Strategien an Bedeutung zunimmt und daher im Gesamtkontext Beachtung finden sollte. Darauf folgt die Auswahl der für den Auslandseinsatz geeigneten Policy und neben den klassischen Entsendeformen gewinnt die Flexibilität, die sich bspw. in Modellen wie "Cafeteria" oder "Core-Flex" widerspiegelt, zunehmend an Bedeutung. Die Berücksichtigung der Bedürfnisse der Mitarbeiter und deren Familien sowie der mit einer Entsendung verbundenen Kosten werden immer entscheidender; entsprechend sollten die Themen "Employee Experience“ und die Kostenaspekte eines grenzüberschreitenden Einsatzes gründlich betrachtet werden.

Umsetzung in der Praxis

Der Schritt zur praktischen Umsetzung der in Entsenderichtlinien definierten Leistungspakete schließt sich an. Zunächst ist zu klären, wie das passende Abwicklungsmodell aussehen soll, welche Aktivitäten unternehmensintern ausgeführt werden und welche Tätigkeiten an Drittanbieter ausgelagert werden. Eine professionelle Durchführung des Ausschreibungsprozesses, die detaillierte Beschreibung der auszulagernden Aktivitäten und eine fachgerechte Transition sind essenziell bei der Neuimplementierung eines Providers. Nicht zu vernachlässigen ist das fortlaufende Provider-Management. Aufgrund der gesetzlichen Änderungen zur verpflichtenden Audit Rotation besteht zukünftig je nach Ausgangslage eine gesteigerte Notwendigkeit, den Mobility Provider zu wechseln. Auch auf diesen Fall sollte ein Mobility-Team im Unternehmen vorbereitet sein und vorausschauend agieren.

Um die Einhaltung von Compliance-Vorschriften sicherzustellen, aber auch um die Entsendepopulation effizient betreuen zu können, benötigen Unternehmen technologiegestützte Lösungen, um den manuellen Aufwand bei administrativen Tätigkeiten nach Möglichkeit zu reduzieren, dabei aber gleichzeitig Datensicherheit zu gewährleisten. Hier stehen die Themen Planen und Controlling der Kosten, insbesondere für externe Provider, und das Projektmanagement von internationalen Einsätzen im Vordergrund. Entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten, ein professionelles Kommunikations- und Erwartungsmanagement sind aufgrund der immer stärker zunehmenden Komplexität und Dynamik unbedingt im Unternehmen erforderlich. Nicht zuletzt sollten auch die Auswirkungen von Digitalisierung und Nachhaltigkeit auf Global Mobility ausreichend Beachtung finden.

Autorinnen: Christiane Bourseaux, Steuerberaterin, Director Global Employer Services, und Melanie Heithausen, Steuerberaterin, Partner Global Employer Services, mit einem Autorenteam aus spezialisierten Beratern bei Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Frankfurt am Main, Düsseldorf und München sowie bei Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Frankfurt am Main.

Der Beitrag entstammt dem im Schäffer-Poeschel Verlag erschienenen Buch "#steuernkompakt Mitarbeiterentsendung".


Schlagworte zum Thema:  Entsendung, Steuerfortbildung