Rz. 233

In der Vergangenheit ist in Anlehnung an die Rspr. zu ungenehmigten Privattelefonaten[597] überwiegend angenommen worden, dass private Internetnutzung im Regelfall nicht ohne ein ausdrückliches Verbot oder eine vorausgegangene einschlägige Abmahnung eine Kündigung rechtfertigen kann.[598] Dies hat das LAG Köln für die private Nutzung der betrieblichen Computeranlage bestätigt.[599] Fehlt eine arbeitsvertragliche Regelung, so soll der Arbeitnehmer in der Regel berechtigter Weise von der Duldung der privaten Nutzung von betrieblichen Kommunikationseinrichtungen wie Internet und Telefon in angemessenem Umfang ausgehen dürfen.[600]

 

Rz. 234

Das BAG hat zu Recht eine zeitlich intensive Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken, auch wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten hat, als für eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung ausreichenden Grund angesehen – auch ohne vorherige Abmahnung. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt zugreift. Ob die Kündigung sozial gerechtfertigt ist, ist aber nur aufgrund einer Gesamtabwägung der Umstände des Einzelfalles festzustellen. Hierbei sind nach Auffassung des BAG die Dauer der privaten Nutzung, die dadurch beim Arbeitgeber entstandenen Kosten, die Beschäftigungsdauer des Arbeitnehmers und ein möglicher Imageverlust des Arbeitgebers durch das Aufrufen pornographischer Seiten zu berücksichtigen.[601] Um derartige Probleme in der Praxis zu vermeiden, bietet sich folgende arbeitsvertragliche Formulierung an:

 

Rz. 235

 

Formulierungsbeispiel

§ (…) Nutzung der betrieblichen Telekommunikationsmittel und Datenverarbeitungsanlagen sowie des betrieblichen Telefonanschlusses

(1) Die Nutzung des betrieblichen IT-Systems, des Internetanschlusses sowie die Nutzung des E-Mail-Systems dürfen ausschließlich nur für dienstliche Zwecke erfolgen. Eine private Nutzung durch den Arbeitnehmer ist nicht gestattet. Das Internet darf nur mit der gültigen persönlichen Zugangsberechtigung genutzt werden. User-ID und Passwort dürfen grundsätzlich nicht an Dritte weitergegeben werden. Ausnahmsweise sind User-ID und Passwort auf ausdrückliche Anweisung dem Netzwerkadministrator bekannt zu geben. Der Arbeitgeber behält sich auf diese Weise den Zugang zur gesamten Computeranlage vor. Im Übrigen gelten die Regelungen der Internet-Policy der (…)-Gruppe.

(2) Es dürfen keine fremden Programme/Dateien auf die Festplatte kopiert, über Datenträger oder das Internet auf dem Rechner installiert und/oder eingesetzt werden. Auf Virenkontrolle ist zu achten. Virenschutzprogramme sind zu nutzen. Auftretende Störungen, die mit einem Virenbefall in Zusammenhang stehen könnten, sind umgehend der Netzverwaltung zu melden. Das Abrufen, Anbieten oder Verbreiten von rechtswidrigen Inhalten, insbesondere rassistischer oder pornographischer Art ist verboten.

(3) Die Arbeitgeberin ist berechtigt, jede Nutzung des E-Mail-Systems und des Internets für die Dauer von maximal drei Monaten zu speichern, um die Einhaltung der obigen Bestimmungen anhand der gespeicherten Daten zu überprüfen. Der Arbeitnehmer erteilt insoweit seine Einwilligung gem. § 51 BDSG.

(4) Für den Fall seiner betrieblichen Abwesenheit (Urlaub, Krankheit etc.) hat der Arbeitnehmer eigenverantwortlich eine automatisierte Antwort an den Absender eingehender E-Mails einzurichten, die den Absender über die Abwesenheit des Arbeitnehmers informiert und einen Hinweis auf den zuständigen Vertreter und dessen Telefonnummer enthält.

(5) Dem Arbeitnehmer wird von der Arbeitgeberin ein Telefonanschluss ausschließlich zur betrieblichen Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Arbeitgeberin ist Anschlussinhaberin. Ihr ist es gestattet, jederzeit einen Einzelgesprächsnachweis von der Telefongesellschaft oder dem Provider anzufordern und auszuwerten. Eine private Nutzung des Anschlusses durch den Arbeitnehmer ist nicht gestattet.

(6) Dem Arbeitnehmer wird von der Arbeitgeberin ein Handy nebst entsprechendem Telefonvertrag zur betrieblichen Nutzung zur Verfügung gestellt. Die Arbeitgeberin ist Anschlussinhaberin. Ihr ist es gestattet, jederzeit einen Einzelgesprächsnachweis von der Telefongesellschaft oder dem Provider anzufordern und auszuwerten. Eine private Nutzung des Anschlusses durch den Arbeitnehmer ist gestattet, soweit es sich um kurze Telefonate handelt, die durch die Reisetätigkeit des Arbeitnehmers veranlasst sind (z.B. Benachrichtigung des (Ehe-)Partners über eine verspätete Einsatzrückkehr). Die Arbeitgeberin trägt die Kosten derartiger privater Telefonate in Höhe von pauschal 30 EUR. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, über diesen Betrag hinausgehende private Telefonate gegenüber der Arbeitgeberin unaufgefordert unter Vorlage des Einzelgesprächsnachweises abzurechnen.

[597] BAG v. 4.3.2004, NZA 2004, 717; ArbG Düsseldorf v. 1.8.2001, NZA 2001, 1386; ebenso KR/Fischermeier, § 626 BGB Rn 445; v. Hoyningen-Huene/Linck, § 1 KSchG Rn 681.
[598] LAG Niedersachsen v. 13...

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